1. Voraussetzungen der Nebenleistung
Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 RDG erlaubt allen Berufsgruppen Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung, wenn sie zum Berufs- oder Tätigkeitsbild oder zur vollständigen Erfüllung der mit der Haupttätigkeit verbundenen Pflichten gehören. Im Rahmen der Nebenleistungen ist § 4 RDG zu beachten, wonach Rechtsdienstleistungen, die zur Kollision mit anderen Leistungspflichten führen, unzulässig sind. Interessenkollisionen sind auch für die nach bisherigem Recht zur Testamentsvollstreckung berufenen Berufsgruppen teilweise ein Hinderungsgrund für die Übernahme einer Testamentsvollstreckung. Dies wird sich unter Geltung des RDG fortsetzen.
Als Beispiele für Nebenleistungen nannte das BMJ in einer Pressemitteilung frühzeitig die Beratung über Gestaltungsmöglichkeiten bei einer Vermögens- oder Unternehmensnachfolge durch Banken oder die Mitwirkung bei der Vorbereitung eines Erbscheinsantrags durch Erbenermittler. Das BMJ bestätigte damit diejenigen Banken, die vorzeitig Ausschau nach jungen Anwälten aus erbrechtlich spezialisierten Kanzleien hielten, um deren Erbrechts-Know-how kostengünstig für die Beratung vermögender Privatkunden als Angestellte einzukaufen. Dies könnte sich als übereilt erweisen.
Entscheidend für das Verständnis des § 5 RDG sind die Systematik und die Unterscheidung zum früheren Recht. Unter Geltung des RBerG haben die Gerichte die verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben bereits bei der Frage berücksichtigt, ob eine Tätigkeit insgesamt in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich fällt. Dabei wurden Tätigkeiten, die im Schwerpunkt nicht als rechtsberatend zu qualifizieren waren, in ihrer Gesamtheit aus dem Anwendungsbereich herausgenommen und die gesamte Tätigkeit als erlaubnisfrei zugelassen. Folglich hatte die Vorschrift zur Annexrechtsberatung in Art. 1 § 5 RBerG eine geringe Bedeutung und war als Ausnahmetatbestand eng auszulegen. Unter Geltung des RDG fallen aufgrund der Definition des Begriffs der "Rechtsdienstleistung" nun alle wirtschaftlichen Tätigkeiten, die rechtsdienstleistende Elemente enthalten, in den Anwendungsbereich des RDG. Die Frage, ob die rechtsdienstleistende Tätigkeit im Verhältnis zur Gesamttätigkeit so umfangreich ist, dass sie von Rechtsanwälten durchgeführt werden muss, ist im Rahmen des § 5 RDG zu entscheiden. Die Vorgaben zum Kern und Schwerpunkt der Tätigkeit sind nun in im Rahmen des § 5 RDG zu prüfen. Der Vorschrift wird daher eine größere Bedeutung zukommen.
Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 1 RDG enthält zwei Voraussetzungen. Die Rechtsdienstleistung muss eine Nebenleistung sein und sie muss in einem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen. In Satz 2 werden gesetzliche Auslegungskriterien bestimmt. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist gem. § 5 Abs. 1 S. 2 RDG nach dem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
Eine Nebenleistung liegt vor, wenn die allgemeine und nicht die rechtliche Dienstleistung der Tätigkeit, sowohl objektiv als auch aus subjektiver Sicht des Rechtsuchenden, im Vordergrund steht. Eine Grenze ist dort zu ziehen, wo die Rechtsdienstleistung selbstständig und gleichgewichtig neben die anderen Aufgaben tritt. Rechtsdienstleistungen, die nach ihrem Inhalt und Umfang Nebenleistungen sind, müssen einen sachlichen Zusammenhang zur Haupttätigkeit aufweisen. Eine vertragliche Begründung von Dienstleistungspflichten ist somit ausgeschlossen. Ob der sachliche Zusammenhang gegeben ist, hängt von der Umschreibung des jeweiligen Berufs- bzw. Tätigkeitsbilds ab.
2. Bereichsausnahmen des § 5 Abs. 2 RDG
Für die in § 5 Abs. 2 RDG genannten Tätigkeiten wird unwiderlegbar vermutet, dass Rechtsdienstleistungen, die im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten erbracht werden, Nebenleistungen iSd RDG sind. Diese Neuerung zählt zu den entbehrlichen und systematisch anfechtbaren Regelungen des Gesetzes. Für die erbrechtliche Praxis kaum von Bedeutung sind die Bereichsausnahmen zur Haus- und Wohnungsverwaltung und der Fördermittelberatung. Eine Erweiterung der Befugnisse ist damit nicht verbunden, da schon nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH zum Wohnungseigentumsverwalter dieser einer behördlich eingesetzten Person nach Art. 1 § 3 Nr. 6 RBerG gleichstand. Auch die Fördermittelberatung wurde durch die Rechtsprechung bereits vom Erlaubniszwang ausgenommen.
Für die erbrechtliche Beratung relevant ist die vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 Nr. 1 RDG geschaffene Bereichsausnahme für die Testamentsvollstreckung. Damit wurden zwei Entscheidungen des BGH zur Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung durch Banken und Steuerberater aufgegriffen. Der BGH hatte, im Einklang mit der Rechtsprechung zu Art. 1 § 1 RBerG, eine Tätigkeit, die überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet ...