Wie wäre aber zu entscheiden gewesen, wenn sowohl Vollmacht als auch Ausschlagungserklärung in öffentlich beglaubigter Form fristgerecht beim Nachlassgericht eingegangen wären? Kann ein Bevollmächtigter auf diese Weise mit seiner Ausschlagungserklärung die Wirksamkeit von Verfügungen von Todes wegen und damit die Erbfolge nach einer anderen Person beeinflussen?
Zur Beantwortung dieser Frage können möglicherweise die Argumente zu einer anderen Streitfrage dienlich sein, nämlich der, ob die Ausschlagung durch die Kinder aufgrund ihres vom länger lebenden Ehegatten nach § 1952 BGB ererbten Ausschlagungsrechts einer abweichenden Verfügung von Todes wegen des Längerlebenden zur Wirksamkeit verhelfen kann. Dies wird von der hM verneint, da nur eine vom überlebenden Ehegatten selbst erklärte Ausschlagung die Wirkungen des § 2271 Abs. 2 S.1, 2 HS. BGB herbeiführen könne. Bereits das Reichsgericht war mit diesem Problem befasst: Jedoch hatte dort derjenige die Ausschlagung für den länger lebenden Ehegatten erklärt, der erst durch das spätere – zunächst unwirksame – Testament überhaupt dessen Erbe hätte werden können. Da er folglich das Ausschlagungsrecht gar nicht geerbt hatte, konnte er es auch nicht zur Wiedererlangung der Testierfreiheit des Längerlebenden nutzen. Die Argumentation ist daher nicht auf die Ausschlagung aufgrund einer Vollmacht über den Tod hinaus übertragbar. Denn die Vollmacht, also die Rechtsmacht, für den länger lebenden Elternteil auszuschlagen, hat der Bevollmächtigte unabhängig von der Gültigkeit des späteren Testaments zweifellos. Doch die herrschende Meinung stützt die Notwendigkeit einer durch den Ehegatten selbst erklärten Ausschlagungserklärung zur Wiedererlangung der Testierfreiheit maßgeblich auch auf ein anderes Argument, nämlich die Rechtsähnlichkeit mit § 2065 Abs. 1 BGB. Mit der Ausschlagung des Zugewendeten im Rahmen des § 2271 Abs. 2 S. 1, 2. HS. BGB entscheidet der Erbe des überlebende Ehegatten nachträglich über die Gültigkeit der späteren letztwilligen Verfügung. Diese Entscheidung kann ein Erblasser aber nach dem Rechtsgedanken des § 2065 Abs. 1 BGB nicht einem Dritten überlassen. Die Weichenstellung in § 2271 Abs. 2 S. 1, 2. HS. BGB ist dem in § 2065 Abs. 1 BGB geregelten Fall, dass in der Verfügung selbst die Entscheidung einem Dritten überlassen wird damit durchaus ähnlich, sodass die von Musielak hiergegen vorgetragenen Bedenken meines Erachtens nach nicht durchgreifen, da sie zu sehr auf die formalen Unterschiede abstellen. Genauso wenig wie eine Ausschlagung aufgrund eines ererbten Ausschlagungsrechts kann aber auch die durch einen Bevollmächtigten erklärte Erbausschlagung zur Gültigkeit einer späteren letztwilligen Verfügung länger lebenden Ehegatten führen, da es sich um eine höchstpersönliche Entscheidung des länger lebenden Ehegatten handelt, ob er dieser Verfügung zur Wirksamkeit verhelfen möchte oder nicht.