Leitsatz
1. Macht der Erblasser den Anfall des zugewendeten Vermächtnisses im Sinne einer Gegenleistung (Belohnung) davon abhängig, dass der Bedachte innerhalb einer bestimmten Frist einen vom Erblasser angestrebten Erfolg herbeigeführt hat, so spricht dies für eine Vermächtnisanordnung unter einer aufschiebenden Bedingung (§§ 158 Abs. 1, 2177 BGB).
2. Wird dem Bedachten eines auflösend bedingten Vermächtnisses mit Belohnungscharakter die mit der Bedingung bezweckte Leistung – wegen anderweitiger Zweckerreichung – bereits vor dem Erbfall unmöglich, so ist auch die Anordnung selbst unwirksam (bzw. als wirkungslos anzusehen), wenn sich hinreichend zuverlässig feststellen lässt, dass eine Zuwendung ohne das durch die Bedingung vorgegebene – persönliche – Leistungsverhalten des Bedachten vom Erblasser keinesfalls gewollt war.
OLG Bamberg, Urteil vom 17. Dezember 2007 – 4 U 33/07
Sachverhalt
Der Kläger beansprucht im Wege der Teilklage vom Beklagten Zahlung von 110.000 EUR aufgrund einer testamentarischen Zuwendung des am 1.5.2002 verstorbenen Erblassers V., der ein Testament vom 1.6.1991 hinterließ.
Dieses Testament hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
Zitat
Sollte mich Frau L. überleben und über die Verteilung meines Nachlasses unsicher sein oder wir beide gleichzeitig sterben, soll für meinen Nachlass folgendes gelten:
Es erben: Herr M., Anwalt in Z., das Haus L-Straße und das R-Grundstück in O.
Das Geld in B., J. (er hat Bankvollmacht) mit der Bedingung, mein Script als Buch innerhalb von drei Jahren herauszugeben, sonst fällt das Geld ebenfalls an M. ...
Anwalt für die richtige Abwicklung ist M.
Wegen der weiteren inhaltlichen Einzelheiten des Testaments wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
Beide Parteien waren mit dem Erblasser befreundet. Mit dem im Testament angesprochenen Skript war eine Abhandlung des Erblassers über Magersucht bei Knaben gemeint. Der Erblasser hatte vergeblich versucht, einen Verleger für das Werk zu finden. Im Jahr 2000 gab er es schließlich mit Hilfe eines weiteren Freundes unter einem Pseudonym in Form einer Print-on-demand-Ausgabe als Buch heraus.
Das OLG München hat im Nachlassverfahren mit Beschluss vom 11.1.2006 (Wx 63/05) entschieden, dass dem Beklagten ein Erbschein als Alleinerbe zu erteilen sei. Die Zuwendung an den Kläger stufte es als Vermächtnis ein. Auf diese Entscheidung stützt sich nunmehr der Kläger, der im Wesentlichen der Auffassung ist, dass die Herausgabe des Skripts eine auflösende Bedingung für die Zuwendung darstelle, die durch die Veröffentlichung des Skripts durch den Erblasser noch vor dem Erbfall unmöglich geworden sei. Nur die Bedingung, nicht aber die Zuwendung sei deshalb wirkungslos.
Das LG hat seine Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, dass dahinstehen könne, ob die Frist für die Herausgabe des Skriptes ab Testamtenserrichtung oder ab dem Erbfall laufen solle. Auch könne weiter offen bleiben, ob eine aufschiebende oder auflösende Bedingung anzunehmen sei. Das Testament könne unabhängig von der Einordnung nicht dahin ausgelegt werden, dass der Erblasser dem Kläger das Vermächtnis auf jeden Fall – unabhängig von der Erfüllung der Bedingung – zuwenden wollte. Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen Zahlungsantrag weiter (...)
Aus den Gründen
Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das LG ist zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erblasser seine Zuwendung zugunsten des Klägers an die (fristgebundene) Bedingung einer bestimmten (Gegen-)Leistung geknüpft hat, die der Kläger nicht erbracht hat und deren Erbringung ihm schon zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr möglich war.
Zu den Berufungsangriffen kann sich der Senat auf folgende Anmerkungen beschränken:
1. In dem vom LG nicht näher erörterten Ausgangspunkt der rechtlichen Einordnung folgt der Senat der Auffassung des OLG München aaO, dass die gegenständliche Zuwendung aus den im Beschluss vom 11.1.2006 dargelegten Gründen keine Erbeinsetzung, sondern lediglich eine Vermächtnisanordnung beinhaltet. Dieses Auslegungsergebnis wird inzwischen auch von Klägerseite nicht mehr infrage gestellt.
2. Bei der vom Erblasser formulierten "Bedingung" handelt es sich eindeutig um eine Bedingung im Rechtssinne (§ 158 BGB), nicht lediglich um ein Motiv des Erblassers für eine Zuwendung an den Kläger. Von der Bedingung unterscheidet sich die bloße Mitteilung eines Beweggrundes (Motivs) dadurch, dass nach dem Inhalt der Erklärung keine unmittelbare Verknüpfung zwischen dem Vorliegen oder Eintritt des motivierenden Umstands und der Rechtswirkung des Rechtsgeschäfts bestehen soll (vgl. MK-Leipold, 4. Aufl., Rn 7 zu § 2074 BGB).
a) Demnach lässt schon der Wortlaut der vorliegenden Anordnung für die für die von Klägerseite bevorzugte Auslegung keinen Raum.
Auf das erste, die Zuwendung aussprechende Textsegment folgt sogleich die Umschreibung einer Wunschvorstellung, die durch die unmissverständliche Formulierung "mit der Bedingung" eingeleitet wird. Im allgemeinen Sprachgebrauch soll mit ei...