Prof. Dr. Dr. Thomas Gergen
Am 29.9.1933 trat das REG als reichseinheitliches Zwangsanerbengesetz in Kraft. Es erfasste als unmittelbares Anerbenrecht alle Höfe in der Größe bis zu 125 Hektar. Zentraler Gedanke des REG war die Erhaltung des Hofs in der Sippe. Es bestand dabei eine überaus starke Schlechterstellung der Frau gegenüber dem männlichen Geschlecht; dies zeigte sich am deutlichsten am § 20 REG in Verbindung mit den §§ 10, 22 Erbhofrechtsverordnung (EHRV). Nach dem Grundsatz dieser Anerbenordnung berief das REG die Töchter erst nach ihren Brüdern und deren männlichen Nachkommen.
Erst die EHRV vom 21.12.1936 stellte diese Einschränkung in der Benachteiligung der Töchter dahin klar, dass sie nur für den ersten Erbfall galt, dass aber als erster Erbfall auch noch der Tod des überlebenden Ehegatten anzusehen war, wenn dieser bei einem Ehegattenhof zunächst Anerbe geworden war. Schließlich wurde erst durch die Leistungen der Frau im Kriege die Benachteiligung der Töchter mit den §§ 12, 24, 32, 34 a, 41 Erbhoffortbildungsverordnung (EHFV) vom 30.9.1943 dahingehend abgemildert, dass "bis auf Weiteres" die Töchter und deren Söhne und Sohnessöhne vor den Anerben der zweiten und dritten Ordnung zu Anerben berufen wurden, dass in Härtefällen Ausnahmen von der strengen Anerbenfolge des Gesetzes gemacht werden sollten, sofern sie durch Verfügung des Reichsjustizministeriums mit Einverständnis des Reichsernährungsministers getroffen wurden.
Das REG stand ganz im Sinne der Blut-und-Boden-Ideologie des Dritten Reiches, was die ersten das REG einleitenden Sätze verdeutlichen: "Die Reichsregierung will unter Sicherung alter deutscher Erbsitte das Bauerntum als Blutquelle des deutschen Volkes erhalten. Die Bauernhöfe sollen vor Überschuldung und Zersplitterung im Erbgang geschützt werden, damit sie dauernd als Erbe der Sippe in der Hand freier Bauern bleiben." Die rassische Komponente lieferte schließlich der § 13 REG. Die NS-Ideologie von Blut und Boden richtete sich gegen die Erscheinungen der modernen Industriegesellschaft und fußte auf dem Bestreben, mittels Krieg neuen Lebensraum im Osten zu schaffen. Durch diesen Siedlungskrieg sollte die Erhaltung eines gesunden Bauernstands als Fundament der gesamten Nation geschaffen werden; diesen Gedanken betonte Heinrich Himmler immer wieder: "Das deutsche Bauernvolk war ein Bauernvolk und muss es in seiner Grundsubstanz wieder werden. Der Osten soll dazu dienen, diese bäuerliche Seite des deutschen Volkes zu stärken (...)". Die Bauernschaft sah man als "Hauptträger völkischer Erbgesundheit, den Jungbrunnen des Volkes und Rückgrat der Wehrkraft", nur durch die "Verwurzelung in Blut und Boden" wurde die Reinheit der arischen Rasse für gesichert angesehen, wobei die Großstädte ein "Hort allen Übels" darstellten.
Reichsbauernführer Richard Walther Darré strebte über eine Bauernschutzpolitik hinaus eine mittelalterliche Ordnung an. Dieser Programmatik lag der Gegensatz zwischen "Landwirt" und "Bauer" zugrunde: "Bauer ist, wer in erblicher Verwurzelung seines Geschlechts mit Grund und Boden sein Land bestellt und seine Tätigkeit als eine Aufgabe an seinem Geschlecht und Volk betrachtet. Landwirt ist, wer ohne erbliche Verwurzelung (...) sein Land bestellt und in dieser Tätigkeit nur eine rein wirtschaftliche Aufgabe des Geldverdienens erblickt."
Hierbei sei der Boden des Bauern keine Ware, denn seine Arbeit finde nur im Dienst des Familiengedankens statt. Dagegen spalte sich der Hof des Landwirtes in Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wogegen der Bauer sich nur auf mitarbeitende Hausgenossen stütze. Darrés Ziel war die Wiederherstellung einer Familienwirtschaft jenseits aller ökonomischen Gesetzmäßigkeiten. Die Blut-und-Boden-Ideologie zeichnete das Bauerntum als die zu erhaltene "gesunde Keimzelle" und den "Garant" des deutschen Volkes aus: So sei der deutsche Bauer nicht nur der "Treuhänder des deutschen Blutes", indem er für die Ernährung des deutschen Volkes sorge, sondern er zeichne sich durch Zeugungskraft, Erbgesundheit und Heimattreue aus, die sich in der "tiefen Verbundenheit mit Grund und Boden" zeige.