Prof. Dr. Dr. Thomas Gergen
In seinem Beschluss vom 20.3.1963 setzte das Bundesverfassungsgericht einen Schlussstrich unter die langjährige Diskussion über die Vereinbarkeit von § 6 Abs. 1 Satz 3 HöfeO mit Art. 3 Abs. 2, 3 GG. Nach seiner Auffassung war der Vorrang des männlichen Geschlechts nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbar.
Das Bundesverfassungsgericht prüfte die Frage des Vorzugs des männlichen Geschlechts ebenfalls unter dem Auslegungsverständnis des Gleichheitssatzes, dass differenzierende Regelungen im Hinblick auf die biologischen oder funktionalen Unterschiede der Geschlechter zwar nicht ausgeschlossen seien, aber das zu ordnende Lebensverhältnis – hier die Bewirtschaftung des Bauernhofs – so entscheidend prägen müssten, dass vom Geschlecht des Betroffenen abgesehen gemeinsame Elemente zumindest vollkommen zurückträten. Die Zurücksetzung des weiblichen Geschlechts bei der Erbfolge müsse danach unerlässlich sein, um das Ziel der HöfeO, die Erhaltung leistungsfähiger Höfe in bäuerlichen Familien und um die Volksernährung sicherzustellen, zu erreichen. Das Gericht sah in der Arbeitsteilung der Geschlechter keinen Ansatzpunkt für eine Differenzierung, denn der Hof werde gleichermaßen von Außen- und Innenwirtschaft getragen, die "Planung des Hofs" als "geistige Leistung" unterfalle nicht der Außenwirtschaft, sondern ihr komme eine "selbstständige" Bedeutung zu. Dies zeige schon die "nicht unbeträchtliche Zahl" von Betrieben, die von Frauen geleitet würden. So werde durch § 6 Abs. 5 Satz 1 HöfeO ausreichend gewährleistet, dass eine ernsthafte Beeinträchtigung der Ertragsfähigkeit eines Hofs vermieden werde, indem grundsätzlich der Abkömmling als Hoferbe ausscheide, der nicht wirtschaftsfähig sei, d. h. eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Grundstücke zum Nachteil der allgemeinen Ernährungslage gefährden würde. Des Weiteren hänge die Geltung des Gleichberechtigungssatzes nicht von der traditionellen Überzeugung der Betroffenen ab. Art. 3 Abs. 2, 3 GG wolle nicht lediglich vorher geltende Rechtsgrundsätze bestätigen, sondern für die Zukunft die Gleichwertigkeit der Geschlechter durchsetzen.