Prof. Dr. Dr. Thomas Gergen
Dass nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, sondern die Rechtsprechung von BGH und den übrigen Zivilgerichten in wissenschaftlichen Beiträgen der damaligen Zeit vorherrschend war, soll im Folgenden thematisiert werden.
In den 1950er-Jahren findet sich eine Vielzahl an Werken, die aufzeigen wollten, dass die biologischen Unterschiede der Geschlechter ein "natürliches" soziales Verhalten für Mann und Frau in der Gesellschaft begründen und dass die Rolle von Mann und Frau in Ehe und Gesellschaft durch die geschlechterspezifischen Veranlagungen bereits vorbestimmt seien.
Grundlegende Bedeutung für nachfolgende Untersuchungen boten die vergleichenden anthropologischen, psychologischen und soziologischen Analysen von Buytendijk und Kampmann. Sie kamen beide zu der Ansicht, dass die körperliche und seelische Konstitution der Frau eine andere sei als die des Mannes. Der Mann sei in der Regel robuster und widerstandsfähiger gegenüber den Einflüssen der Umwelt. Er sei daher grundsätzlich physisch der Stärkere und somit besser zu Kraft fordernder Arbeit geeignet.
So stellte Kampmann fest, dass "allgemein die Muskulatur der Frau weniger stark entwickelt sei als die des Mannes", die weiblichen Muskeln seien zudem "blasser und weicher", was zeige, dass eine angeborene und nicht eine erworbene Eigenschaft vorliege“. Weiter führte er aus, dass "die Fettsucht" der Frau ungleich höher liege als beim Mann, dies weise auf die Generationsaufgabe [gemeint: Muttersein] der Frau hin. Ebenso Buytendijk, wenn er schrieb, dass die auf Fortpflanzung bezüglichen Vorgänge, die sich in der Frau abspielen, und das schwächere Muskelsystem der Frau eine "Gabe der Natur" wie auch eine Aufgabe für "die Frau als Mensch" sei.
Weiter sei die "Herrschsucht und die damit zusammenhängende Neigung zum Angriff" bei der Frau weniger ausgeprägt, vielmehr sei die Frau mehr nach "innen gekehrt". Nicht nur wegen der geringeren körperlichen Kraft, sondern auch gerade aus psychischen Gründen sehe sie ihre Aufgabe weniger in dem Kampf um den Erwerb und die "äußere Sicherheit" des Lebens als in der Bewahrung des Erworbenen und der Pflege des inneren Zusammenhaltens der Menschen ihrer Umgebung.
Edith Stein konstatierte, dass die Natur der Frau auf ihre ursprüngliche Bestimmung angelegt sei, nämlich Gattin und Mutter zu sein; beides hänge aufs Engste zusammen. Der Leib der Frau sei dazu gebildet, mit einem anderen ein Fleisch zu sein und neues Leben in sich zu nähren. Die Seele der Frau sei darauf angelegt, einem "Haupt" in "dienstbereitem Gehorsam" untertan zu sein. Zugleich hat sie dem Mann eine feste Stütze zu sein, denn die "seelische Gefährtenschaft" und die "seelische Mutterschaft" seien nicht an das "leibliche Gatten- und Mutterverhältnis" gebunden.
Auch Lersch führte dazu aus, dass die biologische Funktion der Frau die Schwangerschaft und Fürsorge für die Nachkommenschaft sei. Das Wesen der Frau sei daher von der "Mütterlichkeit" geprägt, als "Hüterin und Betreuerin" des Lebens. Die biologische Funktion des Mannes sei dagegen die "Begattung" und "der Lebensschutz vor Gefahren in Verteidigung und Angriff". Diese Funktion des "Lebensschutzes gegen die Umwelt" begründe das Dasein des Mannes zur "technischen Bewältigung und Beherrschung" der Umwelt. Das Verständnis von "technischen Werken wie Maschinen" falle daher in die "Sphäre des männlichen Geistes" und sei für die Frau wesensfremd. Das Grundmotiv des Daseins des Mannes liege daher im "Bewältigenwollen". Diese zugeteilte Lebensaufgabe lasse ihn zu "direkter Herrschaft über die Dinge" streben und erkläre seine "ursprüngliche" Beziehung zur Technik und zum "Bearbeiten und Verfügbarmachen der Umwelt".
Ziegler war der Ansicht, dass das Entscheidungsrecht des Mannes in Ehe und Familie aus der Natur der Geschlechter folge, weil der Mann von Natur aus zur Entscheidung geprägt sei, die Frau aber ihr Sein in der Entgegennahme der Entscheidung entfalte. Vom Mann nahm Ziegler an, dass er im Gegensatz zur Frau in der Welt des Rechts beheimatet sei. Hierbei sei er auf die Sachwelt, die Frau auf die Personenwelt bezogen. Mann und Frau würden sich dabei ergänzen, denn der in der Arbeit veräußerlichte Mann werde durch die Hingabe der Frau verinnerlicht, und die umgestaltete Arbeitswelt des Mannes werde durch die "ausgestaltende Sorge der Frau zur Wohnwelt des Menschen."