Prof. Dr. Dr. Thomas Gergen
Eckstein für die Bewertung der Frage des Vorzugs des männlichen Geschlechts bei der bäuerlichen Erbfolge war die Vorstellung über die natürliche Ordnung des Bauernhofs. Es wurde allgemein davon ausgegangen, dass der Bauernhof ein "relativ selbstständiger" Wirtschaftsorganismus "eigener Art" sei, der sich aus den beiden Funktionskreisen Außen- und Innenwirtschaft zusammensetze. Diese seien in ihrer Funktion unabhängig und unterschieden sich in ihrem räumlichen Wirkungskreis.
Ausgehend von dieser Unterteilung in Außen- und Innenwirtschaft sollte erklärt werden, dass bestimmte biologische, physische und psychische Unterschiede der Geschlechter eine funktionale Arbeitsteilung begründen, die eine Zuweisung der Frau zur Innenwirtschaft und des Mannes zur Außenwirtschaft veranlasse. Diese typische Arbeitsteilung sollte dann aufzeigen, dass die Frau in aller Regel nicht oder nicht so wie der Mann geeignet sei, den geerbten Hof zu erhalten und seinen Fortbestand zu gewährleisten.
Das AG Warendorf führte hierzu aus, dass die Innenwirtschaft "unlöslich mit dem Hauswesen" verflochten sei, während die Außenwirtschaft auf den zum Hof gehörenden Acker-, Weide- und Waldflächen betrieben werde. Die wesentlichen Unterschiede ergäben sich in den Eigenarten der zu erfüllenden Aufgaben. Planung und Ausführung der Bodenbewirtschaftung, Großviehzucht sowie Ankauf von Saatgut, Futter- und Düngemitteln und Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte ständen auf der einen Seite, Kleintier- und Geflügelhaltung, Gartenarbeit, Haushaltswesen sowie vor allem "die Versorgung und Erziehung der Kinder" auf der anderen. Ziel der Außenwirtschaft sei "die Produktivität", Merkmale der Innenwirtschaft "die bewahrende Sorge für das Wohlergehen des zum Hof gehörenden Personenkreises".
Weiter heißt es, dass hierbei eine "Über- und Unterordnung" vorliege, da die Außenwirtschaft in anderen Größenordnungen zu rechnen habe als die Innenwirtschaft. Die Bedeutung der Außenwirtschaft zeige sich dann, wenn in Zeiten intensiven Arbeitsanfalls bei der Außenwirtschaft die Innenwirtschaft zugunsten einer Kräfteverlegung hin zur Außenwirtschaft auf das Nötigste beschränkt werde.
Schließlich ergebe sich durch die biologischen Unterschiede auch die zweckmäßige Zuweisung der Frau zur Innenwirtschaft und des Mannes zur Außenwirtschaft aus den folgenden Gesichtspunkten: So sei das Leben der Frau in viel stärkerem Maße als das des Mannes "durch die Aufgabe der Fortpflanzung des Menschengeschlechts geprägt". "Lang andauernde natürliche Prozesse wie Schwangerschaft, Geburt und Stillen des Kindes nehmen ihre Kraft in Anspruch." Dieser Inanspruchnahme könne die Frau nicht gerecht werden, wenn ihr die Außenwirtschaft und damit die Leitung des Gesamtbetriebs oblägen. Denn die "soziale Leistung des Mutterseins" weise die bäuerliche Frau in die Innenwirtschaft, binde sie an das Hauswesen und mache sie weitgehend "untauglich" für die Außenarbeiten. Der "auf Mutterschaft angelegte Organismus" lasse die Frau auch dann "mütterlich wirken", wenn sie biologisch nicht Mutter sei, sodass die Aufgaben in der Innenwirtschaft – die Fürsorge für die Hofbewohner – ihrer "biologischen Eigenart" entspreche. Dagegen obliege nach der "natürlichen Ordnung" des Bauernhofs dem Mann die Außenwirtschaft und damit die Leitung des Gesamtbetriebs. Die "Natur der Dinge" erfordere, dass die Leitung des Bauernhofs durch den Mann erfolge, sodass es auch sachlich gerechtfertigt sei, ihn bei der Erbfolge zu bevorzugen. Denn es entspreche "unserem Rechtssystem", dass die Herrschaft über eine Sache grundsätzlich dem Eigentümer nach § 903 BGB zustehe. Der wirtschaftliche Erfolg in der Landwirtschaft beruhe gerade auf dieser "zweckentsprechenden Zusammenarbeit" der ganzen Bauernfamilie.
Das OLG Celle meinte, dass "nach der natürlichen Ordnung" dem Mann typisch die Führung und Planung des Betriebs und vor allem die Außenwirtschaft obliege. Die Frau dagegen leite die Innenwirtschaft mit den Arbeiten im Haushalt, Stall und Garten und "ordne sich mit ihrer Arbeit dem vom Mann geleiteten Gesamtbetriebe ein". Sie arbeite in der Regel nur in der Ernte oder in sonstigen Zeiten erhöhten Arbeitsanfalls und auch dann "nur unter der Leitung des Mannes" auf dem Felde mit. Denn die Frau könne auf die Dauer nicht alle in der Landwirtschaft anfallenden schweren körperlichen Arbeiten verrichten, ohne gesundheitliche Schäden davonzutragen und "ohne ihre natürliche Berufung zu vernachlässigen." Dies sei dadurch begründet, dass die Bewirtschaftung eines Hofs Fähigkeiten verlange, die bereits aus körperlichen, in der Natur bedingten Gründen von einer Frau in der Regel nicht erwartet werden können.“ Dazu führte das Gericht weiter aus, dass dieser Erkenntnis nicht entgegenstehe, dass die Bauerstochter bzw. Bauersfrau in Kriegszeiten und insbesondere im vergangenen Kriege "ihren Mann gestanden" hat und dass es auch sonst gelegentlich vorkommt, dass eine Frau einen Bauernhof leite. Insoweit handele es sich h...