I. Steuerpolitische Vorhaben in der neuen Legislaturperiode
Nach Dr. Peters befinde sich Deutschland im größten Wirtschaftsumbruch seiner Geschichte. Er gehe von einer Nettokreditaufnahme in Höhe von rund 85 Milliarden Euro aus. Diese hohe Neuverschuldung sei aus seiner Sicht aber alternativlos, weil Handlungsdruck für gezielte Maßnahmen gegen die Krise bestanden habe. 2009 habe es ein Maastricht-Defizit von 3,2 % gegeben. In diesem Jahr würden es um die 5,5 % werden und Ziel sei es, bis zum Jahr 2013 wieder die Referenzgröße von 3 % zu erreichen. Ab 2011 müsse das sogenannte strukturelle Defizit, also das um die Konjunktur bereinigte Defizit, mindestens um 0,5 % pro Jahr abgebaut werden. Nach der neuen nationalen Schuldenbremse müsse eine Reduzierung des strukturellen Defizits von 0,35 % für den Bund erreicht werden.
Zur Bewältigung dieser Herausforderung sei das Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit einem Entlastungsvolumen von rund 8,5 Milliarden Euro verabschiedet worden. Wenn man noch die Maßnahmen aus dem Bürgerentlastungsgesetz und die Senkung des Einkommensteuertarifs dazu nehme, dann sei zum Jahresanfang ein Entlastungsvolumen von rund 20 Milliarden Euro wirksam geworden.
Bei der im Koalitionsvertrag verankerten Weiterentwicklung der Unternehmensbesteuerung sei zu prüfen, ob man eine Neustrukturierung der Verlustverrechnung, insbesondere auch Verbesserungen der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung, erreichen könne. Weiterhin gehe es um die Einführung eines modernen Gruppenbesteuerungssystems anstelle der bisherigen Organschaft und um die Auseinandersetzung mit der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Eigen- und Fremdkapital.
II. Einfachere, niedrigere und gerechtere Steuern?
Nach Prof. Wiegard sei der Effekt des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes unbedeutend. Nach der Berechnung des Sachverständigenrates gebe es einen einmaligen Niveaueffekt in Höhe von 8,5 Milliarden Euro bei Inkrafttreten des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes. Danach gehe der Effekt gegen Null.
Prof. Wiegard stimmte Dr. Peters dahingehend zu, dass es in der Krise erforderlich gewesen sei, die Konjunkturpakete 1 und 2 sowie das Bürgerentlastungsgesetz über eine höhere Nettokreditaufnahme zu finanzieren. Nun müssten die öffentlichen Haushalte dringend konsolidiert werden. In Deutschland sei allein schon der Konsolidierungsbedarf gewaltig, der durch die jetzt ins Grundgesetz eingegangene Schuldenbremse hervorgerufen werde. Nehme man die für 2011 im Koalitionsvertrag avisierten Steuersenkungen in der Größenordnung von 19,5 Milliarden Euro bei Einrechnung von Kindergeld und Kinderfreibetrag dazu, liege der Konsolidierungsbedarf bis zum Jahr 2016 allein beim Bund bei über 40 Milliarden Euro.
Prof. Wiegard bezweifelte, dass der gewaltige Konsolidierungsbedarf, der durch die Schuldenbremse vorgegeben sei, allein durch Ausgabenkürzungen realisiert werden könne. Langfristig werde es nur mit Steuererhöhungen gelingen, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Wolle man ein wachstumsfreundliches Steuersystem haben, so sei die Erhöhung des Mehrwertsteuer am besten geeignet.