I. Vorschläge gegen stetig steigende Komplexität im Steuerrecht
Nach Dr. Vinken hätten die Steuergesetze inzwischen eine Komplexität erreicht, die nicht mehr weiter verschärft werden dürfe. In den Steuerentlastungsgesetzen 1999/2000/2002 habe es viele verfassungswidrige oder nicht europarechtstaugliche Vorschriften gegeben, die erst mühsam teils über die Finanzgerichte wieder zurückgeführt worden seien. Regelungen der Unternehmensteuerreform 2008 würden nunmehr ebenfalls in Teilen wieder überarbeitet. Im Gegenzug zur Senkung des Körperschaftsteuersatzes seien systematische Eingriffe vorgenommen worden, wie beispielsweise gewerbesteuerliche Hinzurechnungen, die in die Nähe der Substanzbesteuerung führten.
Die Bundessteuerberaterkammer habe zehn Thesen zur Umsatzsteuer entwickelt und Vorschläge zum Bürokratieabbau im Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht unterbreitet. Darüber hinaus seien Vorschläge zur Praktikabilität und Effektivität des Steuerrechts entwickelt worden.
II. Hoffnungen und Befürchtungen für die neue Legislaturperiode
Prof. Eilfort betonte die großen Chancen für eine Neustrukturierung des Steuerrechts.
Er wünsche sich, endlich bessere und stetigere Kommunalfinanzen zu erreichen, Substanzbesteuerungselemente abzubauen und vor allem Transparenz in der Beziehung zwischen Bürger und Kommune zu erwirken. Im Bereich der Einkommensteuer solle man sich darauf besinnen, dass im Fokus der Reformbemühungen die Bemessungsgrundlage stehen müsse, nicht die Tariffragen. In der Unternehmensbesteuerung sollen in kleinen Schritten die notwendigen Korrekturen wie Zinsschranke, Funktionsverlagerung und vieles andere vorgenommen werden.
Fatal wäre es nach Prof. Eilfort, wenn bei der Kommunalfinanzierung am bestehenden System festgehalten würde und in das alte System frische Bundes- und Landesmittel flössen.
III. Steuerpolitik nicht Hauptproblem dieser Legislaturperiode
Nach Prof. Schön gebe es gewaltige Probleme in den Bereichen der Finanzmarktreformen und der Realwirtschaft. Man solle aber das Steuerrecht nicht dafür einsetzen, die Finanzmarktreform zu lösen. Insoweit sei er sehr erleichtert, in den Vorschlägen von Peters nichts von einer Bonussteuer, einer Bankensteuer oder einer Finanzmarkttransaktionssteuer zu hören.
Bei der Neustrukturierung der Verlustnutzung solle man nicht zu zögerlich sein; besonders kritisch sei nach wie vor die Regelung des § 8 c KStG zu sehen. Es mache wenig Sinn, eine solche unsystematische Regelung einzuführen und sie dann mit einer Sanierungsklausel oder einer Konzernklausel zu versehen, um augenscheinliche Verwerfungen abzumildern.
Auch die grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung sei ein bedeutsames steuerpolitisches Thema. Der Druck durch den Europäischen Gerichtshof sei hier etwas zurückgegangen, zuletzt durch die X-Holding-Entscheidung.
Nach Dr. Peters könne man die Börsenumsatzsteuer sinnvollerweise nur einführen, wenn dies flächendeckend in allen Staaten erfolge. Das sei allerdings im Moment nicht durchführbar und alle Überlegungen, die in diese Richtung gingen, seien wohl unrealistisch.
Eine Abschaffung der Mindestbesteuerung sei derzeit ebenso unrealistisch, allein schon, weil man auf die finanzpolitischen Spielräume der Bundesländer Rücksicht nehmen müsse. Im Koalitionsvertrag stehe ausdrücklich, dass die Neujustierung bei der Unternehmensbesteuerung aufkommensneutral zu erfolgen habe.
Auch Prof. Wiegard sprach sich nicht für die Einführung einer Börsenumsatzsteuer aus. Wenn man Ausweichreaktionen mit in Betracht ziehe, sei es eine Illusion zu glauben, dass man mit einer Börsenumsatzsteuer eine Größenordnung von 150 Milliarden Euro erreichen könne.
Für die Umsatzsteuer schlug Wiegard vor, es bei dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Nahrungsmittel und kulturelle Güter zu belassen und den übrigen Anwendungsbereich unter Verteilungsgesichtspunkten zu entschlacken.