Wird der aufschiebend bedingte Anspruch aus dem Privatvermögen veräußert, kommt eine Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 1 Nr. 7 EStG oder nach den §§ 22 Nr. 2, 23 EStG in Betracht. Das hängt davon ab, ob es sich bei dem Anspruch um eine Kapitalforderung oder um eine andere Forderung handelt.
Sieht man mit dem BFH in einer aufschiebend bedingten Geldforderung eine Kapitalforderung im Sinne von § 20 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 1 Nr. 7 EStG, ist der Gewinn steuerpflichtig, der bei einer Veräußerung erzielt wird, und zwar unabhängig von jeder Frist, anders als nach den §§ 22 Nr. 2, 23 EStG. Um ihn zu berechnen, müssen in beiden Fällen die Anschaffungskosten des aufschiebend bedingten Anspruchs vom Veräußerungspreis abgezogen werden, gegebenenfalls auch noch Veräußerungskosten.
Folgt man der Bewertungsentscheidung des Gesetzgebers in § 4 BewG, beträgt der gemeine Wert des aufschiebend bedingten Anspruchs immer null. Aber so allgemein wird sich das nicht sagen lassen. Ausgangspunkt ist der Wert, den der Anspruch hätte, wenn er unbedingt wäre, bei einer Geldforderung also der Nennwert, bei einem Sachleistungsanspruch der Verkehrswert des Leistungsgegenstands – immer vorausgesetzt, dass keine Umstände vorliegen, die eine andere Bewertung verlangen. Davon ist der Wert des Anspruchs im Zeitpunkt seines Erwerbs abzuleiten, indem der Ausgangswert mit der Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts gewichtet wird. Beträgt die Wahrscheinlichkeit beispielsweise 10%, betragen die Anschaffungskosten 10% des Nenn- oder des Verkehrswerts.
Die Wahrscheinlichkeit ihrerseits muss berechnet oder geschätzt werden. Handelt es sich bei der Bedingung um ein Massenereignis, wird sich die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseitritts mithilfe statistischer Methoden berechnen lassen. Geht es hingegen um ein individuelles Ereignis, so im Urteilsfall, hilft die Statistik nicht weiter, und es bleibt nur eine mehr oder weniger grobe Schätzung, die wegen der menschlichen Risikoaversion tendenziell gegen null gehen wird. In gleicher Weise ist der Anspruch auf den Zeitpunkt der Veräußerung zu bewerten. Denn die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts kann und wird sich im Verlauf der Zeit ändern. Um auf den Urteilsfall zurückzukommen: Als im Stadtrat der Bebauungsplan beraten wurde, war die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts größer als im Zeitpunkt des Verkaufs des Grundbesitzes.
Die Entgegennahme der geschuldeten Leistung selbst durch den Erwerber bedeutet keine Veräußerung des Anspruchs, weder im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 1 Nr. 7 EStG noch in Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG. Denn Veräußerung ist die entgeltliche Übertragung auf einen Dritten. Der BFH hat das allerdings anders gesehen und einen steuerbaren Veräußerungsgewinn bejaht, wenn eine Forderung unter dem Nennwert erworben und der Nennwert zurückgezahlt wurde. Das FG Hamburg hat ebenso für den Fall entschieden, dass sich der höhere Rückzahlungsbetrag aufgrund von Wechselkursänderungen ergeben hat.
Aber so liegen die Dinge hier nicht. Denn es wird kein entstandener Anspruch unter seinem Nennwert erworben, sondern ein noch nicht entstandener Anspruch, also letztendlich eine Gewinnchance, zu ihrem Verkehrswert. Der Anspruch hat erst dann einen Nennwert, wenn er entstanden ist; alsdann wird er zu diesem Wert eingezogen, sodass schon rein rechnerisch kein Gewinn entstehen kann. Wäre das anders, müssten alle Lotterie- und sonstigen Spielgewinne versteuert werden, wenn der Spielgewinn höher ist als der Spieleinsatz.