Die Höhe der Hinterziehungszinsen hängt prinzipiell von dem Zeitraum zwischen dem Eintritt der Verkürzung oder Erlangung des Steuervorteils und dem Zeitpunkt der Zahlung der hinterzogenen Steuer ab. Dabei kommt es auf den tatsächlich hinterzogenen und nicht auf den ggf. festgesetzten Steuerbetrag an. Die in § 235 Abs. 4 AO vorgeschriebene Anrechnung von Nachzahlungszinsen nach § 233 a AO auf die Hinterziehungszinsen kommt bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer nicht in Betracht (vgl. § 233 a Abs. 1 AO). Wären die hinterzogenen Beträge ohne die Steuerhinterziehung erst später fällig geworden (§ 235 Abs. 2 Satz 1 Alt 2 AO), beginnt der Zinslauf gem. § 235 Abs. 2 Satz 2 AO erst zu dem späteren Zeitpunkt.
1. Beginn des Zinslaufs
Für den Beginn des Zinslaufs gilt:
a) im Fall der Abgabe einer unrichtigen und/oder unvollständigen Steuererklärung tritt die Verkürzung mit dem Tag der Bekanntgabe des auf dieser Erklärung beruhenden Steuerbescheids und dabei auf den Ablauf des Fälligkeitstags ein;
b) im Fall einer unterbliebenen Steuererklärung mit dem Tag, zu dem die Veranlagungsarbeiten für das betreffende Kalenderjahr im Wesentlichen abgeschlossen waren.
Im Fall b) ist der Beginn des Zinslaufs bei einer Schenkungsteuer folgendermaßen zu berechnen (FG Münster v. 24.11.2016):
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drei Monate Anzeigefrist |
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+ ein Monat Steuererklärungsfrist |
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+ Zeitraum der durchschnittlichen Veranlagungsdauer/Bearbeitungsdauer des Finanzamts, das die Veranlagung durchzuführen hat. Auf die tatsächliche Bearbeitungsdauer in Einzelfällen kommt es nicht an. Für die Berechnung des Zinslaufs ist es ohne Bedeutung, wenn die Steuerfestsetzung erst nach einem Zeitraum durchgeführt worden ist, der die durchschnittliche Veranlagungsdauer deutlich überschritten hat. |
Da für die Schenkungsteuer mangels kontinuierlichen abschnittsbezogenen Veranlagungsverfahrens kein allgemeiner Veranlagungsschluss festgestellt werden kann, ist für den Beginn maßgeblich, wann die Veranlagung dem Steuerpflichtigen bei rechtzeitiger Anzeige der Schenkung frühestens bekanntgegeben worden wäre. Über diesen Zeitpunkt kann durchaus eine kritische Sachdiskussion mit dem Finanzamt geführt werden. Das Finanzgericht Münster (aaO) folgt hierbei nicht der Auffassung des BGH – Strafrechtsenat –, dass die Bearbeitungsdauer bei fiktiven Schenkungsteuerfestsetzungen mit einem Monat anzusetzen sei. Lt. BGH bestimmt sich der Vollendungszeitpunkt für die Hinterziehung der Schenkungsteuer durch Unterlassen wie folgt: Der Kläger musste die Schenkungen jeweils binnen einer Frist von drei Monaten nach Kenntnis der jeweiligen Schenkung beim zuständigen Finanzamt schriftlich anzeigen (§ 30 Abs. 1 ErbStG). Wäre er dieser Pflicht nachgekommen, hätte das Finanzamt ihn auffordern können, binnen einer Frist von einem Monat die Steuererklärung mit der von ihr selbst berechneten Schenkungsteuer abzugeben (§ 31 Abs. 1 und 7 ErbStG). Damit hätte die Veranlagung und die Bekanntgabe des Bescheids vier Monate nach der jeweiligen Schenkung erfolgen können. Hier zeigt sich wieder einmal, dass im Steuerrecht strafrechtliche Entscheidungen/Beurteilungen nicht generell verbindlich und abweichende Beurteilungen möglich sind.
Hinterziehungszinsen fallen auch an, wenn ein Steuerfahndungsfahren oder ein Strafverfahren läuft. Wegen der möglicherweise langen Dauer derartiger Verfahren verlängert sich auch der Zinszeitraum ständig.
2. Ende des Zinslaufs
Der Zinslauf endet gem. § 235 Abs. 3 Satz 1 AO mit der Zahlung der hinterzogenen Steuer. Maßgeblich ist die tatsächliche Entrichtung des hinterzogenen Betrags. Der Zinslauf endet daher spätestens mit Ablauf des Fälligkeitstags, da Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 3 Satz 2 AO nicht für Zeiten festgesetzt werden, für die ein Säumniszuschlag entsteht, die Zahlung gestundet oder die Vollziehung ausgesetzt ist, ohne dass es dabei auf die tatsächliche Erhebung von Säumniszuschlägen oder die Zahlung von Stundungs- und/oder Aussetzungszinsen ankommt.
Für die Praxis wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass freiwillige Leistungen (Geldzahlungen) auf die Hauptschuld an das Finanzamt, d. h. ohne Vorliegen eines Steuerbescheids, möglich sind, um den Lauf der Hinterziehungszinsen zu beenden bzw. die Voraussetzungen für einen Erlass zu schaffen. Nach dem Urteil des OLG Düsseldorf v. 4.11.2014 gehört es sogar zu den Aufgaben eines (Rechts-)Steuerberaters, auf den eventuellen Anfall von Nachzahlungszinsen hinzuweisen und dem Steuerpflichtigen den Weg aufzuzeigen, wie er solche Nachzahlungszinsen vermeiden kann. Entsprechendes gilt auch, wenn es um die Festsetzung von Hinte...