Diese andere Rechtsquelle könnte für den Erben Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG sein, der sein Erbenerwerbsrecht als Ausfluss der Testierfreiheit des Erblasers eigenständig ab dem Erbfall schützt. Die gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützte Testierfreiheit des Erblassers schafft womöglich ab dem Erbfall auch das Erbschaftserwerbsrecht des Erben als dessen persönliche Rechtsposition.
Diese Rechtsposition hat der Erblasser mit seiner Entscheidung, die Testamentsvollstreckung anzuordnen, indes einfachgesetzlich sofort wieder eingeschränkt und, wie wir gesehen haben, seinen Willen insoweit perpetuiert und transformiert: nun muss der Testamentsvollstrecker den Willen des Erblassers – auch gegen den Willen des Erben – verwirklichen, § 2203 BGB, aber verobjektiviert durch das vom Erbenwillen unabhängige objektive Nachlassinteresse im Sinne von § 2216 Abs. 1 BGB, so BGHZ 25, 275. Braucht der Erbe Nachlasserträge für seinen Unterhalt vom Testamentsvollstrecker, sind daher m.E. folgende verfassungsrechtlichen Überlegungen anzustellen:
Gibt es bei uns zwei Grundrechtspositionen, zwischen denen a priori kein eindeutiger Wertvorzug festzustellen ist? So wie die Testierfreiheit den Erlasser(-willen) unmittelbar schützt, müsste der Erbe sich hier nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG auf sein Erbenerwerbsrecht berufen können. Dies könnte zweifelhaft sein. Denn das Bundesverfassungsgericht leitet das Erbenerwerbsrecht von der Testierfreiheit des Erblassers ab: "Grundlage für den verfassungsrechtlichen Schutz des erbrechtlichen Erwerbs ist die Testierfreiheit des Erblassers. Das Erwerbsrecht des Erben bildet hier das Gegenstück zum Verfügungsrecht des Erblassers und leitet sich von diesem ab. Es ist in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG um der Verwirklichung der Testierfreiheit willen geschützt. Da der Erblasser grundsätzlich frei verfügen kann, ob und mit welchen Beschränkungen er eine Person zum Erben bestimmt, folgt daraus, dass der begünstigte Erbe den grundrechtlichen Schutz nur in dem jeweils vom Erblasser gewährten Umfang erlangen kann. Beschränkt der Erblasser in Ausübung seiner grundrechtlich geschützten Testierfreiheit die Verfügungsbefugnis des Erben über den Nachlass, kann der Erbe den Nachlass nur mit dieser Verfügungsbeschränkung erwerben. Weil sein verfassungsrechtlicher Schutz sich von der Testierfreiheit ableitet, kann der Erbe nicht unter Berufung auf ein durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG verbürgtes Erwerbsrecht erreichen, dass seinem Interesse an der Ausübung unbeschränkter Rechte am Nachlass der Testierwille des Erblassers untergeordnet wird. Deshalb ist es auch ausgeschlossen, dass die fachgerichtliche Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift i.S. des Erblasserwillens Rechte des Erben aus Art. 14 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Das gilt auch für die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen zur Dauer der Testamentsvollstreckung und die Auslegung des § 2210 BGB. Die Vorschrift enthält eine gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zulässige Beschränkung der Testierfreiheit des Erblassers."
Der Erblasser bestimmt also mit seiner Testierfreiheit auch Inhalt und Umfang des Schutzes, den der Erbe über Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG nur vice versa zur Testierfreiheit einfordern kann. Diesen Schutz gestand das BVerfG bei § 2210 BGB dem Erben nicht zu, weil der Erblasser seine Testierfreiheit rechtlich zulässig genutzt hatte und diese Entscheidung aufgrund § 2210 BGB einem Erbenerwerbsrecht nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG a priori keinen Raum gab. Die Klarheit der Entscheidung beruht darauf, dass der Erblasser nach dem Gesetz die Gestaltungsfrage (Dauer der Testamentsvollstreckung) nach dem einfachen Gesetz umfassend selbst gestalten und entscheiden kann: Der Erblasser kann nach § 2210 BGB über die Folgen für den Erben persönlich bei und mit der Testamentserrichtung entscheiden (personaler und sachlicher Aspekt) und er muss diese Entscheidung auch nicht auf die Zukunft vertagen (zeitlicher Aspekt). Denn Art. 14 Abs. 1 1 GG ist ein normgeprägtes Grundrecht, seinen Inhalt bestimmt weitgehend der einfache Gesetzgeber. Und im Falle des BVerfG ließ § 2210 BGB die Entscheidung des Erblassers eben so zu, wie er sie traf.
Zunächst muss also im Einzelfall und anhand des einfachen Gesetzes bestimmt werden, wie weit die Testierfreiheit bei der konkreten Norm geschützt ist, ob und inwieweit der Erblasser nach der einfach-gesetzlichen Regelung "grundsätzlich frei verfügen kann", wie es das BVerfG formuliert. Wir müssen uns also in einem ersten Schritt fragen, wie das Gesetz die Nachlassverwaltung bei der Testamentsvollstreckung ausgestaltet hat. Denn dies bestimmt Reichweite und Schutzumfang der Testierfreiheit: die Verfassung überlässt dem einfachen Gesetzgeber die konkrete Ausgestaltung des Erbrechts. Sodann kann in einem zweiten Schritt davon "abgeleitet" werden, ob dem Erben eine dann (noch) eigenständige Rechtsposition nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG eröffnet ist: denn nach dem BVerfG kann "der begünstigte Erbe den grundrechtlichen Schutz nur in dem jeweils vo...