Leitsatz
1. Die bei einer zweigliedrigen, vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts für den Fall des Todes eines Gesellschafters vereinbarte Anwachsung seines Gesellschaftsanteils beim überlebenden Gesellschafter unter Ausschluss eines Abfindungsanspruchs kann eine Schenkung im Sinne von § 2325 Abs. 1 BGB sein (Amtlicher Leitsatz).
2. Der nach § 518 Abs. 2 BGB heilende Vollzug eines Schenkungsvertrages besteht schon in dem privatschriftlichen Abschluss der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung zum Abfindungsausschluss (Redaktioneller Leitsatz).
BGH, Urt. v. 3.6.2020 – IV ZR 16/19
1 Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Ermittlung des Wertes zweier Eigentumswohnungen. Er ist der Sohn aus erster Ehe des 1946 geborenen und im Januar 2017 verstorbenen Erblassers, der seit 1991 in zweiter Ehe mit der 1953 geborenen Beklagten verheiratet war.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 25.7.2008 erwarb eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus dem Erblasser und der Beklagten, eine Eigentumswohnung in der L. straße in H. Der Erblasser und die Beklagte in Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurden nachfolgend als Eigentümer eingetragen. Zur Finanzierung nahmen sie ein durch Grundschuld gesichertes Darlehen über 125.000 EUR auf, für das sie zu gleichen Teilen hafteten; der restliche Kaufpreis wurde aus Eigenmitteln finanziert. Zins und Tilgung des Darlehens wurden aus den Mieteinnahmen der Wohnung gezahlt. Die Wohnung ist zu einem unter der ortsüblichen Miete liegenden Mietzins an den gemeinsamen Sohn des Erblassers und der Beklagten vermietet.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 27.12.2011 erwarb eine zugleich gegründete und aus dem Erblasser und der Beklagten bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine noch zu errichtende Eigentumswohnung im H. Weg in H. In diesem Vertrag hieß es unter anderem:
"Die Gesellschaft wird mit dem Tode eines Gesellschafters aufgelöst; der Anteil des verstorbenen Gesellschafters wächst dem Überlebenden an. Die Erben erhalten – soweit gesetzlich zulässig – keine Abfindung; […]. Dieser wechselseitige Abfindungsausschluss beruht auf dem beiderseits etwa gleich hohen Risiko des Vorversterbens und ist im Interesse des jeweils überlebenden Gesellschafters vereinbart."
Der zu zahlende Gesamtkaufpreis für die Wohnung nebst Stellplätzen von 3.224.739,51 EUR wurde in Höhe von 3.200.000 EUR aus dem Verkaufserlös für ein Grundstück, dessen Eigentümer der Erblasser und die Beklagte in Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewesen waren, erbracht. Nach Fertigstellung der Wohnung zogen der Erblasser und die Beklagte dort ein. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurde als Eigentümerin eingetragen.
Am 11.9.2014 schlossen der Erblasser und die Beklagte eine "Gesellschaftsrechtliche Vereinbarung" für mehrere aus den beiden bestehende Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die jeweils Eigentümer von Wohnungen, unter anderem derjenigen im H. Weg und in der L. straße, waren. Für die darin genannten Gesellschaften wurde dort eine mit der vorstehend zitierten Passage aus dem Kaufvertrag vom 27.12.2011 wortgleiche Regelung getroffen.
Mit notariellem Testament vom 24.2.2016 setzte der Erblasser die Beklagte als Alleinerbin und den gemeinsamen Sohn als Ersatzerben ein.
Der Kläger forderte von der Beklagten die Ermittlung des Wertes der beiden Wohnungen durch Sachverständigengutachten jeweils bezogen auf den Todestag des Erblassers und auf das Datum der Eintragung der Gesellschaften als Eigentümer. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Beklagte verurteilt, den Wert der beiden Wohnungen am Todestag des Erblassers durch Vorlage von Gutachten öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger zu ermitteln. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
2 Gründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat – soweit für die Revision noch von Bedeutung – ausgeführt, dem Kläger stehe ein Wertermittlungsanspruch nach § 2314 BGB hinsichtlich der beiden Wohnungen bezogen auf den Todestag des Erblassers zu, weil er einen Pflichtteilsergänzungsanspruch in Bezug auf die zwischen der Beklagten und dem Erblasser für den Todesfall vereinbarte Übertragung von Anteilen der Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Eigentümer der Wohnungen waren, habe. In der auf den Todesfall bezogenen Verfügung des Erblassers über seinen Anteilswert an den Gesellschaften liege eine Zuwendung zugunsten der Beklagten. Es liege auch eine Einigung über die Unentgeltlichkeit dieser Zuwendung vor.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung und der noch überwiegende Teil der Literatur gehe davon aus, dass eine gesellschaftsrechtliche Regelung, nach der eine Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters unter den verbleibenden Mitgesellschaftern fortgesetzt werde und gleichzeitig Abfindungsansprüche ausgeschlossen würden, grundsätzlich keine ergänzungsbedürftige Schenkung im Sinne...