In der höchstrichterlichen Rechtsprechung finden sich verschiedene Entscheidungen, welche sich direkt oder mittelbar mit der Thematik befassen.
a) Entscheidungen zum Grundsatz der Selbstorganschaft
Der BGH hat es in verschiedenen Entscheidungen für zulässig erachtet hat, dass Geschäftsführungsaufgaben bei Personengesellschaften im umfassenden Sinn durch Bevollmächtigte ausgeübt werden; solange keine organverdrängende Vollmacht erteilt wird, verstößt eine solche Bevollmächtigung – wie bereits dargelegt – nicht gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft.
b) BGH, Urt. v. 22.1.1962 – II ZR 11/61 (Andeutung des Vorsorgefalls)
Der BGH hat zudem eine Bevollmächtigung durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer behandelt und – obiter dictum – darauf hingewiesen, dass es nicht ausgeschlossen sei, einem geschäftsführenden Gesellschafter, etwa mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse ("im Falle seines Unvermögens")“, das Recht einzuräumen einen Dritten im weiten Umfang mit Geschäftsführungsaufgaben zu betrauen.
c) BGH, Urt. v. 18. 7. 2002 – III ZR 124/01 (Absage für Generalvollmacht)
Gegen die Zulässigkeit der Ausübung von Leitungsaufgaben durch Vorsorgebevollmächtigte spricht eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2002: Der 3. Zivilsenat hat eine notariell beurkundete Generalvollmacht, durch welche der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten – nicht verdrängend – ermächtigte, für ihn sämtliche Erklärungen und Rechtshandlungen vorzunehmen, die ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer GbR zustanden, für unwirksam erachtet und hierzu ausgeführt (Hervorhebungen durch den Autor):
Zitat
"Die im Jahr 1913 geborene J. R. war bis zu ihrem Tod im Frühjahr 2000" alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der beklagten GbR. Sie bestellte durch eine am 17.2.1983 vom Notar S. in B. beurkundete Generalvollmacht ihren Sohn, den Rechtsanwalt P. R., zu ihrem alleinigen Bevollmächtigten und ermächtigte ihn zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten. Namentlich sollte er – wie in der Urkunde beispielhaft aufgeführt wird – befugt sein, für sie sämtliche Erklärungen und Rechtshandlungen vorzunehmen, die ihr in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der von ihr vertretenen Unternehmungen zustanden.
Die Parteien streiten über die Verbindlichkeit zweier Verträge vom 29.10.1998, die P.R. unter Bezugnahme auf die im Beurkundungstermin im Original vorliegende Vollmachtsurkunde für die Beklagte abgeschlossen hat. (…)
a) Das BerufungsG geht unter Bezugnahme auf das Urt. des II. Zivilsenats des BGH v. 18.10.1976 (II ZR 9/75, NJW 1977, 199 f. = WM 1976, 1246) davon aus, die frühere Geschäftsführerin der Beklagten habe ihren Sohn mit der Generalvollmacht vom 17.2.1983 nicht wirksam bevollmächtigt. Richtig ist, dass nach dieser Entscheidung die Befugnis des Geschäftsführers einer GmbH zur organschaftlichen Willensbildung und -erklärung und die damit verbundene Verantwortung unübertragbar sind (in diesem Sinn vorher bereits BGHZ 13, 61/65; 34, 27/30; 64, 72/76; BGH v. 19. 6. 1975 – II ZR 170/73, WM 1975, 790/791). Infolgedessen kann der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht nicht im Ganzen durch einen anderen ausüben lassen. Das Verbot einer umfassenden Übertragung der organschaftlichen Vertretungsmacht schützt nicht nur die Gesellschafter vor einer Ausübung aller Geschäftsführungsbefugnisse durch Personen, die nicht ihr Vertrauen genießen, sondern es will auch der besonderen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers Rechnung tragen. Ob die Gesellschafter einer entsprechenden Bevollmächtigung zugestimmt haben, ist deshalb nicht von Bedeutung, weil Rechtssicherheit und die Belange des Rechtsverkehrs darunter leiden könnten, wenn solche nicht nach außen tretenden gesellschaftsinternen Vorgänge für die allgemeine Vertretungsmacht maßgebend wären (vgl. BGH v. 18. 10. 1976 – II ZR 9/75, WM 1976, 1246).
b) Mit Recht wendet jedoch die Revision hiergegen ein, die genannte Rechtsprechung schließe es nicht aus, in geeigneten Fällen die Vollmachtserklärung als eine sog. Generalhandlungsvollmacht nach § 54 HGB aufzufassen oder in eine solche umzudeuten. Insoweit habe das BerufungsG zu Unrecht eine Auslegung unterlassen und unberücksichtigt gelassen, dass die Vollmacht der damaligen Geschäftsführerin in erster Linie für ihren eigenen, persönlichen Rechtskreis erteilt worden sei und sich nur daneben auf ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin der von ihr vertretenen Unternehmungen erstreckt habe.
Diese Rüge ist begründet. Das BerufungsG hat den Inhalt der P. R. erteilten Vollmacht nicht näher gewürdigt, sondern sich darauf beschränkt, eine Passage aus ihr herauszugreifen, die – bei isolierter Betrachtung – als unzulässige Übertragung von Organbefugnissen eines Geschäftsführers angesehen werden könnte. Es hat damit zugleich den Grundsatz einer interessengerechten Auslegung der von der Vollmachtgeberin abgegebenen Erklärung verletzt, der es darum ging, ihrem Sohn im Rahmen des rechtlich Zulässigen möglichst weitgehende Befugnis...