Die Erfüllung eines Auskunftsanspruchs gem. § 260 Abs. 1 BGB ist laut BGH nicht gegeben, wenn sie nicht ernst gemeint, unvollständig oder von vornherein unglaubhaft ist.[105] Dies bestimmt sich nach den gegebenen objektiven Umständen und unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung.[106] Irrelevant ist hingegen, ob der Gläubiger die erteilte Auskunft für nicht ernst gemeint, unvollständig und/oder unwahr hält.[107]

Soweit ersichtlich, scheitert die Erfüllung des Auskunftsanspruchs gem. § 2314 Abs. 1 BGB in der Praxis vor allem (scil. eigentlich nur) an der Unvollständigkeit – also der Lückenhaftigkeit – der erteilten Auskunft.[108] Erfüllung tritt insofern laut BVerfG dann ein, wenn der Schuldner seiner Auskunftspflicht hinreichend nachkommt, indem die Auskunft formell vollständig und hinreichend substantiiert ist.[109] Bei formeller Lückenhaftigkeit des Inhalts und Umfangs der Auskunft gem. §§ 2314 Abs. 1, 260 Abs. 1 BGB ist der Anspruch folglich nicht erfüllt.[110]

Eine derartige formelle Lückenhaftigkeit ist unter Beachtung der oben dargestellten Anforderungen insbesondere gegeben bei Unübersichtlichkeit der Auskunft (z.B. wegen mehrerer eingereichter Schriftsätze und außergerichtlicher Schreiben[111]), bei (rechts-)irrtümlicher Unvollständigkeit (z.B. Besitz sei nicht Teil der Auskunft[112]), beim gänzlichen Fehlen von sachlichen und zeitlichen Auskunftsteilen (z.B. keine Stellungnahme zu Schenkungen bzw. allgemein zu pflichtteilsergänzungsrelevanten Vorgängen[113]), bei Unvollständigkeit der gemachten Angaben (z.B. fehlende wertbildende Faktoren und/oder fehlende Zustandsbeschreibungen[114]), beim Nichtverschaffen von fremdem Wissen trotz Zumutbarkeit (z.B. über (insb. ausländische) Bankbeziehungen[115]) sowie bei Angaben, die auf falschen Grundlagen beruhen (z.B. gefälschte Unterlagen[116]) oder den Stichtag gem. § 2311 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. i.S.d. § 2325 BGB nicht berücksichtigen (z.B. wenn nicht eindeutig zu erkennen ist, ob auf den Todestag abgestellt wird[117]).[118] Notare müssen zudem insbesondere darauf achten, dass sie ihre eigenen Ermittlungstätigkeiten im Verzeichnis dokumentieren und sich vor allem nicht bloß auf die ungeprüfte Wiedergabe von Mitteilungen des Erben beschränken.[119]

[105] BGH, Urt. v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, juris Rn 15; BGH, Urt. v. 17.5.2001 – I ZR 291/98, juris Rn 44; BGH, Beschl. v. 31.7.2013 – VII ZR 177/12, BeckRS 2013, 15156 Rn 8. Verfassungsrechtlich sei dies nicht zu beanstanden laut BVerfG, Beschl. v. 28. 10. 2010 - 2 BvR 535/10, NJOZ 2011, 1423 (1424). OLG Koblenz, Beschl. v. 22.9.2004 – 5 W 574/04, NJW-RR 2005, 160 spricht im zweiten Ls. von "unvollständig, oberflächlich oder sonst unzureichend".
[106] BGH, Beschl. v. 31.7.2013 – VII ZR 177/12, BeckRS 2013, 15156 Rn 8.
[107] BGH, Urt. v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, juris Rn 15; siehe auch Freifrau von Weichs/Foerstl, ZUM 2000, 897 (901).
[108] BVerfG, Beschl. v. 25.4.2016 – 1 BvR 2423/14, ZEV 2016, 578; BGH, Urt. v. 6.3.1952 – IV ZR 45/50, IV ZR 16/51, BeckRS 1952, 103508; Urt. v. 2.11.1960 – V ZR 124/59, NJW 1961, 602; Urt. v. 18.10.1961 – V ZR 192/60, NJW 1962, 245; Urt. v. 21.12.1964 – III ZR 226/62, BeckRS 2015, 3041; Urt. v. 28.2.1989 – XI ZR 91/88, NJW 1989, 1601; Beschl. v. 13.9.2018 – I ZB 109/17, RNotZ 2019, 82; Urt. v. 20.5.2020 – IV ZR 193/19, NJW 2020, 2187; OLG Brandenburg, Urt. v. 14.7.2020 – 3 U 38/19, ErbR 2020, 801 m. Anm. Krüger; Beschl. v. 11.2.1997 – 10 W 5/96, FamRZ 1998, 179; OLG Celle, Urt. v. 29.10.2020 – 6 U 34/20, NotBZ 2021, 145; Beschl. v. 25.3.2021 – 6 U 74/20, ZErb 2021, 199; OLG Düsseldorf, Beschl. 2.7.1993 – 7 W 36/93, BeckRS 1993, 09437; Beschl. v. 31.7.2007 – I-7 W 60/07, RNotZ 2008, 105; Urt. v. 6.7.2018 – 7 U 8/17, ZEV 2019, 90; Beschl. v. 16.12.2019 – 7 W 50/19, BeckRS 2019, 45110; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 2.5.2011 – 1 U 249/10, ZEV 2011, 379; OLG Hamburg, Urt. v. 28.9.2016 – 2 U 29/15, BeckRS 2016, 125135; OLG München, Urt. v. 1.12.2010 – 20 U 3260/10, BeckRS 2010, 29881; OLG Nürnberg, Urt. v. 25.2.2005 – 5 U 3721/04, NJW-RR 2005, 808; OLG Schleswig, Beschl. v. 11.3.2016 – 3 W 92/15, ZEV 2016, 583.

Der Vollständigkeit halber sei aber dennoch aufgezeigt, dass sich, soweit ersichtlich, keine Ausführungen in Literatur und Rechtsprechung dazu finden, wann eine Auskunft nicht ernst gemeint ist (z.B. Musielak/Voit/Lackmann, 18. Aufl. 2021, ZPO § 888 Rn 8). Gemeint sein dürfte aber, dass der Auskunft die erforderliche Ernsthaftigkeit, Sachlichkeit und/oder Seriosität fehlt. Für die Beantwortung der Frage, ob eine Auskunft (von vornherein) unwahr ist, bedarf es neben eines Abgleichs des Vortrags mit der allgemeinen Lebenserfahrung auch der Überprüfung des Vortrages auf logische Stimmigkeit (ersichtlich aus BGH Urt. v. 17.5.2001 – I ZR 291/98, juris Rn 45, 46).

[110] Umkehrschluss aus OLG Hamburg v. 28.9.2016 – 2 U 29/15, BeckRS 2016, 125135 Rn 32 aE.
[111] OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.6...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?