Steuerbefreiung sind grundsätzlich nur unter engen Voraussetzungen zu gewähren. Anlässlich einer Anfrage einer Mandantin ergab sich die Frage, ob moralische Verpflichtungen ein steuerschädliches Ereignis im Fall des Familienheims auslösen können.
Derzeit fliehen tausende Menschen aus den Kriegsgebieten der Ukraine. Viele hilfsbereite Menschen sind bereit, den Geflüchteten eine Unterkunft anzubieten und diese bei sich privat aufzunehmen.
Auch wenn diese Hilfsbereitschaft ein wunderbares Zeichen der Solidarität setzt, sollte dennoch nicht vergessen werden, an die eventuell sich hieraus ergebenden eigenen Konsequenzen für die Voraussetzungen der Steuerbefreiung "Familienheim" zu denken.
Anlässlich einer Anfrage einer Mandantin stellte sich folgende Frage:
Die Regelungen der § 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG, die Steuerbefreiung des Familienheims bei einer Übergabe von Todes wegen unter Ehegatten (Nr. 4b) und zu den Kindern (Nr. 4c) stehen u.a. unter der Voraussetzung einer zehnjährigen Behaltensfrist. So heißt es jeweils in den Sätzen 5 der jeweiligen Regelungen:
Zitat
"Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert."
Zur Frage, wann der Erwerber "aus zwingenden Gründen an der Selbstnutzung gehindert ist", haben die Gerichte seit der Einführung dieser Regelung sehr eindeutige Entscheidungen getroffen.
So hat das Finanzgericht Münster in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass "zwingende Gründe" im Sinne dieser Vorschrift nur solche in der Person des Erwerbers sein könnten, die das Führen eines Haushalts schlechthin – nicht nur im Familienheim – unmöglich machen. Die Klägerin trug zwar vor, dass ihr nach dem Tod ihres Ehemanns der weitere Verbleib in diesem ehemals gemeinsamen Haus nicht mehr zugemutet werden könne. Sie hatte eine Depressionserkrankung vorgetragen und argumentierte nun, das Versterben ihres Ehemanns in diesem gemeinsamen Haus habe die psychische Belastung derart verstärkt, dass sie nun gezwungen sei, in eine andere Wohnung umzuziehen. Sie machte geltend, dass ihr dennoch die Steuerbefreiung des Familienheims zustehen würde. Das Gericht hat diesen Vortrag sehr wohl gewürdigt, ist aber dennoch zu dem Ergebnis gelangt, dass er kein Argument dafür sei, die Steuerbefreiung weiterhin zu erhalten. Die sehr enge verfassungsrechtliche Auslegung führe zu einer engen Auslegung einer Steuerbefreiung am Gesetzeswortlaut. Die Klage wurde abgewiesen. Die Revision zum BFH wurde zugelassen.
Das Führen eines Haushalts wäre nur dann nicht mehr möglich, wenn der Erwerber wegen einer Pflegebedürftigkeit oder dem eigenen Tod nicht mehr in der Lage sei. Ein Umzug in eine andere Wohnung und weiterhin Führen eines "eigenen Haushalts" sei von den gesetzlichen Voraussetzungen nicht gedeckt. Es bleibt abzuwarten, wie der BFH diesen Fall entscheiden wird.
Eine Selbstnutzung liegt auch dann nicht mehr vor, wenn die Immobilie vermietet wird.
In der BT-Drucks heißt es, dass die Steuerbefreiung rückwirkend entfallen würde, wenn (…) eine Vermietung des Familienheims oder Teilen davon erfolgen würde.
Nun stellte sich die Frage, ob die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge einer solchen "Vermietung" gleichkommt oder jedenfalls der Voraussetzung der "Selbstnutzung" entgegentritt.
Problematisch ist hier, dass das Auslösen einer eventuell schädlichen Nutzung in jedem Fall dazu führt, dass der ursprüngliche Erbschaftsteuerbescheid rückwirkend um die Steuerbefreiung gekürzt wird und bei einer späteren "Inbesitznahme" diese Steuerbefreiung nicht mehr auflebt.
Bei intensiver Betrachtung der Voraussetzungen der Steuerbefreiung und der Abwicklung der Aufnahme von Flüchtlingen kommt man zunächst zu dem Ergebnis, dass die Aufnahme in ein Haus/eine Wohnung und die Zuweisung von Zimmern und anderen Räumlichkeiten dazu führen würde, dass man von der im Gesetz vorgegebenen "Selbstnutzung" ausgeschlossen wird.
Sicherlich muss man auch hier die verschiedenen Arten einer möglichen Aufnahme in sein Haus/seine Wohnung unterscheiden. Eine entgeltliche Überlassung im Sinne eines eventuell kurzfristen Mietverhältnisses muss man sicherlich als schädlich unterstellen. Fraglich ist, ob es auch in dem Fall ein schädliches Ereignis auslöst, wenn man beispielweise seitens der Gemeinden oder anderer Sozialträger einen Kostenersatz für die Aufnahme erhält.
Im vorliegenden Fall wünschte die Mandantin eine vollständige unentgeltliche Aufnahme.
Nachdem dieser Sachverhalt weder durch die Finanzbehörden noch durch die Gerichte bis heute geklärt ist, ein schädliches Ereignis aufgrund der sehr hohen erbschaftsteuerlichen Konsequenzen jedoch vermieden werden sollte, wäre der formell richtige Weg die verbindliche Auskunft nach den Regelungen des § 89 Abs. 2-7 AO. Die Auskunft würde sich auch auf einen bestimmten künftigen Sachverhalt beziehen. Um diesen W...