Die Jahrestagung des VorsorgeAnwalt e.V. 2022 fand vom 13.-14.5.2022 in der Barock- und Residenzstadt Würzburg statt. Das Programm war vielfältig, u.a. Sorgekultur im Hospiz, Unternehmervorsorgeregelungen, Vollmachtsmissbrauch an vulnerablen Senioren und viele andere spannende Themen, und bot so den Teilnehmern die Gelegenheit, sich intensiv mit Themen des Vorsorgerechts auseinanderzusetzen.
Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Vorstand und Geschäftsführer des Vereins, Herrn Rechtsanwalt Dr. Dietmar Kurze, startete die Veranstaltung am Freitag mit einem Early-Bird-Vortrag von Herrn Dr. Michael Kornau, Hospiz-Vorstand, Stellvertretender Leiter Private Banking und Generationenmanagement Sparkasse Recklinghausen zum Thema "In Würde leben bis zuletzt – Sorgekultur im Hospiz einschließlich rechtlicher Rahmenbedingungen". Herr Dr. Kornau schilderte, wie die Ziele des Hospizes, insbesondere das Erhalten der Selbstständigkeit der zu betreuenden Personen trotz begrenzter finanzieller Mittel, erreicht werden können.
Anschließend referierte Herr Rechtsanwalt, Notar, Fachanwalt für Erbrecht, Sozialrecht und Versicherungsrecht Ulf Schönenberg-Wessel, Kiel, über das wichtige Thema "Vorsorge im Gesellschaftsrecht".
Nach Darstellung der zunächst formellen Voraussetzungen, wie beispielsweise der Zulässigkeit von Vorsorgevollmachten im Gesellschaftsrecht, der Form der Vorsorgevollmacht, etwaiger Zustimmungserfordernisse der Mitgesellschafter bei Personen- und Kapitalgesellschaften und Folgen fehlender oder widerrufener Zustimmung, wurde im zweiten Teil auf die inhaltliche Ausgestaltung der Vorsorgevollmacht des Unternehmers im Innen- und Außenverhältnis näher eingegangen. Weitere Schwerpunkte des Vortrags waren die gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Vorsorgevollmacht, die Vertretung des Geschäftsführers durch den Vorsorgebevollmächtigen sowie die rechtsgeschäftliche Treuepflicht des Vorsorgebevollmächtigten. Wichtige Erkenntnis war hier, dass der Geschäftsführer bzw. Vorstand einer Kapitalgesellschaft sofort mit Eintritt der Geschäftsunfähigkeit aus seinem Amt ausscheidet (§§ 6 GmbHG und 76 AktG). Die Frage der Vertretung beschränkt sich daher bei Kapitalgesellschaften auf die Stellung des Gesellschafters. Vergleichbare Regelungen gibt es im Personengesellschaftsrecht nicht, sodass hier eine Vertretung dem Grunde nach für Gesellschafter und Geschäftsführer denkbar ist. Nach kurzer Kaffeepause wurde das Thema der Unternehmer-Vorsorgevollmachten in einem wiederum facettenreichen Vortrag von Frau Notarin, Fachanwältin für Erbrecht, Familienrecht und Handels- und Gesellschaftsrecht Monika Hähn, Lübbecke, im Hinblick auf die Bezüge zum Familien- und Erbrecht beleuchtet.
Im familienrechtlichen Teil stellte Frau Rechtsanwältin Hähn in einem einleitenden Überblick dar, was in Unternehmer-Vorsorgevollmachten einerseits gar nicht geregelt werden darf (z.B. Unwiderruflichkeit, Verzicht auf Rechnungslegung, Verzicht auf jedwede Kontrolle etc.) und andererseits, was zwingend erforderlich ist und geregelt werden muss (z.B. Kontroll- und Widerrufsmechanismen, Auswahl geeigneter Bevollmächtigter, umsetzbare Notfallregelungen etc.). Besonders wichtig sei es, stets die gesellschaftsvertraglichen Regelungen mit der Vorsorgevollmacht abzustimmen.
Im erbrechtlichen Teil erläuterte die Referentin den Grundsatz des zwingenden Vorrangs der Gesellschaftsverträge vor den erbrechtlichen Regelungen.
Weitere Schwerpunkte waren die zeitliche Begrenzung der Unternehmer-Vorsorgevollmacht, die Regelungen nach dem Tod und der Erbscheinsantrag, die Rolle von Vorsorgebevollmächtigten/Testamentsvollstreckern, Ergänzungspflegern, Vormündern, Mitgesellschaftern und Sorgeberechtigten sowie der Widerruf der Unternehmer-Vorsorgevollmacht.
Nach der Mittagspause stellte Schwester Bernadette Brommer, München, zusammen mit Frau Claudia Preclik-Unterberg und Frau Hilda Winnebek, die zusammen eine Interessengemeinschaft als Anlaufstelle für von Erbschleicherei und Vollmachtsmissbrauch Betroffene gegründet haben, die Gefühls- und Gedankenwelt der Missbrauchsopfer dar. Ferner erfolgte eine Sensibilisierung für Faktoren, die den Missbrauch begünstigen.
Äußerst informativ war der Vortrag von Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht Tanja Unger, München, zum Thema: "Missachtung von Indikation oder Patientenwillen am Lebensende – zivilrechtlich ohne Konsequenzen?".
Ausgangspunkt und Grundsatz des Medizinrechts sei, dass jede ärztliche Behandlung eine rechtswidrige Körperverletzung darstelle, wenn sie nach dem Facharztstandard nicht indiziert ist und/oder dem Willen des Patienten widerspricht. Nur wenn eine Behandlung indiziert ist, stellt sich die Frage nach dem Patientenwillen. Im Medizinrecht stelle sich für die Behandlung am Lebensende nicht die Frage, ob der Arzt den Patienten sterben lassen darf, sondern ob der Arzt das Sterben durch künstliche Verlängerung von Leiden verhindern darf. In einem weiteren Teil stellte die Referentin insbesondere unter Bezu...