Zu einem der größten Kritikpunkte an § 2057a BGB zählt die nur schwer bestimmbare Höhe des konkreten Ausgleichungsbetrags. Gem. § 2057a Abs. 3 BGB ist der Anspruch unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs der Pflegeleistungen sowie unter Beachtung des Nachlasswerts so zu bemessen, wie es "der Billigkeit entspricht".
Um trotz der generalklauselartigen Formulierung des § 2057a Abs. 3 BGB ein gewisses Mindestmaß an Rechtssicherheit gewährleisten zu können, hat die jüngere Rechtsprechung eine Drei-Stufen-Prüfung entwickelt, die zu einer standardisierten Wertermittlung führen soll.
a) Darstellung der Drei-Stufen-Betrachtung
In einem ersten Schritt werden hierfür – dem Gesetzeswortlaut entsprechend – Dauer und Umfang der Pflegeleistungen ermittelt und auf Grundlage dessen der Wert des durch die Pflege erhaltenen Vermögens (in Form von ersparten Aufwendungen) bestimmt. Soweit eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst erfolgt ist, kommt dabei dem festgestellten Pflegegrad eine erhebliche Bedeutung zu. Hiernach richtet sich nämlich die für die erste Prüfungsstufe entscheidende Berechnung des Vermögenserhalts des Erblassers. Um den pflegebedingten Vermögenserhalt ermitteln zu können, stellen die Gerichte hierbei auf die fiktiven monatlichen Heimunterbringungskosten ab, die dann angefallen wären, wenn sich der Angehörige nicht zur Pflege entschlossen hätte. Ausgleichungsmindernd bewertet die Rechtsprechung hier die – je nach Pflegegrad variierenden – Leistungen der Pflegeversicherung, die den Eigenanteil des Pflegebedürftigen senken, laufende Einnahmen (z.B. Rentenansprüche) sowie die ggf. potenziellen Mieteinnahmen, die der Pflegebedürftige aus seinem wegen des Heimverzugs freigewordenen Wohneigentum hätte erzielen können.
In einem zweiten – stärker von Billigkeitserwägungen geprägtem – Schritt berücksichtigt die Rechtsprechung zunächst den besonderen immateriellen Wert, der ihrer Ansicht nach der Angehörigenpflege zukommt und begründet hiermit vor allem auch, dass der Ausgleichungsbetrag den Wert des reinen Nachlasserhalts auch einmal übersteigen könne. In der zweiten Prüfungsstufe lässt die Rechtsprechung auch die Vor- und Nachteile, die sich für den pflegenden Angehörigen aus der familiären Pflege ergeben, in die Gesamtbetrachtung einfließen. Hiernach können etwa Einkommensverluste des Angehörigen anspruchserhöhend wirken, während mit der häuslichen Pflege verbundene Vorteile, wie beispielsweise das mietfreie Wohnen beim Pflegebedürftigen, anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind.
Im letzten Prüfungsschritt werden von der Rechtsprechung auch noch die Vermögensinteressen der übrigen Erben und/oder Pflichtteilsberechtigen sowie die Höhe des gesamten Nachlasses in die Gesamtbetrachtung einbezogen. Hierdurch stellen die Gerichte u.a. sicher, dass der Ausgleichungswert nicht den gesamten Nachlass aufzehrt und den gesetzlichen Erben des pflegebedürftigen Erblassers auf diese Weise zumindest der rechnerische Pflichtteil vor Berücksichtigung der Pflegeleistungen verbleibt.
b) Würdigung
Maßgeblicher Vorteil der Drei-Stufen-Betrachtung der Rechtsprechung ist, dass den Beteiligten ein einheitliches Bewertungsinstrument zur Verfügung gestellt wird, welches die Höhe des Ausgleichungsbetrags zumindest in groben Zügen vorhersagbar macht.
Doch ist das von der Rechtsprechung entwickelte Bewertungsmodell durchaus auch auf Kritik gestoßen. So wird der Rechtsprechung zum einen vorgeworfen, durch die Berücksichtigung der Interessen der Pflichtteilsberechtigten im dritten Prüfungsschritt gegen die Gesetzessystematik zu verstoßen. Welcher Betrag den übrigen Erben bzw. Pflichtteilsberechtigten als Mindestante...