Sucht man in den gerichtlichen Entscheidungen nach Anhaltspunkten dafür, wann genau von einer Pflegetätigkeit i.S.v. § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB auszugehen ist, ist vor allem die jüngere Rechtsprechung bemüht, einheitliche Bewertungskriterien zu schaffen. Als Anknüpfungspunkt dient ihr hierbei der Pflegebedürftigkeitsbegriff aus dem SGB XI.
Während § 14 SGB XI der Rechtsprechung zunächst nur dabei half, den für die Ausgleichungspflicht nach § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB erforderlichen Pflegebedarf beim Erblasser nachzuweisen, greifen die Gerichte mittlerweile auch dann auf § 14 SGB XI zurück, wenn fraglich ist, ob die Tätigkeit eines Abkömmlings eine Pflegehandlung i.S.v. § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB darstellt. So fasste unter Bezugnahme auf den damals in § 14 Abs. 4 SGB XI a.F. aufgeführten Verrichtungskatalog das OLG Schleswig in einer Entscheidung aus dem Jahr 2016 unter den Pflegebegriff i.S.v. § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB wiederkehrende Versorgungsleistungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität sowie die hauswirtschaftliche Versorgung. In dieser Entscheidung weitete das Gericht die erbrechtlich relevanten Pflegetätigkeiten sogar über § 14 Abs. 4 SGB XI a.F. hinweg aus und wertete auch die Anwesenheit des Abkömmlings als eine Pflegetätigkeit, soweit dem Pflegebedürftigen auf diese Weise ein Ansprechpartner für Gespräche bereitstehe oder einem sich selbstgefährdenden Pflegebedürftigen Sicherheit gewährleistet werde. Hierdurch nahm das OLG Schleswig die in der sozialrechtlichen Literatur in Bezug auf § 14 Abs. 4 SGB XI a.F. schon lange gewünschte Berücksichtigung von nicht verrichtungsbezogenen Pflegemaßnahmen – bereits vor der Reform des § 14 SGB XI durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz – quasi vorweg. Diesem weiten Verständnis der Pflegetätigkeit schloss sich auch das OLG Frankfurt – mittlerweile war das Zweite Pflegestärkungsgesetz in Kraft getreten – in einer Entscheidung aus dem Jahr 2020 grundsätzlich an.
Mit dem Verweis auf den Pflegebedürftigkeitsbegriff aus § 14 SGB XI, der als Herzstück des SGB XI vom Gesetzgeber sorgfältig konzipiert wurde, haben die Zivilgerichte für eine gewisse Rechtssicherheit bei der Anwendung des von unbestimmten Rechtsbegriffen durchzogenen Ausgleichungstatbestands gesorgt. Der von der Rechtsprechung eingeschlagene Weg ist insgesamt zu begrüßen. Durch die explizite Ausweitung des Pflegebegriffs auf nicht verrichtungsbezogene Maßnahmen werden Pflegeleistungen, die beispielsweise Demenzkranken zugutekommen, nunmehr auch im Zivilrecht anerkannt und dem oben skizzierten Bedeutungswandel des § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB entsprochen.
Keine ausdrückliche Berücksichtigung in der Pflegedefinition der Oberlandesgerichte finden allerdings solche Tätigkeiten, die eher organisatorische Dinge, wie den Umgang mit finanziellen Angelegenheiten oder die Hilfe bei Behördengängen, betreffen. Insofern unterscheidet sich die Rechtsprechung der Zivilgerichte von derjenigen der Finanzgerichte. Der BFH berücksichtigt für die Gewährung eines Pflegefreibetrags (§ 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG) etwa auch Hilfeleistungen in Bezug auf Vorsprachen bei Behörden. Soweit man die Vorschriften des SGB XI dem § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB aber konsequent zugrunde legt, müssen auch solche Maßnahmen vom erbrechtlichen Ausgleichungstatbestand erfasst sein. Grund hierfür ist § 18 Abs. 5a S. 3 SGB XI, nach dem auch Beeinträchtigungen in solchen Lebensbereichen mit in die Pflegebegutachtung einfließen. Dienen Tätigkeiten der Pflegeperson der Deckung eines – pflegeversicherungsrechtlich relevanten – Bedarfs, müssen sie grundsätzlich auch erbrechtlich berücksichtigt werden.
Auch wenn man sich für die Definition der nach § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB relevanten Pflegetätigkeit an den einschlägigen Vorschriften aus dem SGB XI orientieren kann, gilt es dennoch, bis zu einem gewissen Punkt die Eigenständigkeit des erbrechtlichen Pflegetätigkeitsbegriffs zu bewahren. Dies liegt bereits daran, dass nicht in sämtlichen Fällen, in denen ausgleichungsrelevante Leistungen erfolgt sind, auch eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst stattgefunden hat. Eine solche Begutachtung ist nach dem SGB XI jedoch Voraussetzung dafür, die Hilfeleistungen der Pflegeperson überhaupt als Pflegetätigkeit qualifizieren zu können. Zudem kann in gewissen Fällen auch dann noch ein erbrechtlich berücksichtigungswürdiger Pflegeaufwand bestehen, wenn der Unterstützungsbedarf unterhalb der vom SGB XI geforderten Schwelle liegt. So kann etwa nach allgemeiner Auffassung eine ausgleichungsrelevante Pflegeleistung auch dann vorliegen, wenn sie der Deckung eines Pflegebedarfs dient, der kürzer als die von § 14 Abs. 1 S. 3 SGB XI geforderten sechs Monate andauert. In diesem Punkt zeigen sich auch noch einmal die unterschiedlichen Ziele, die das SGB XI und die erbrechtlichen Ausgleichungstatbestände verfolgen. Während das SGB XI versucht, mithilfe seiner beitragsfinanzierten Leistungen dem allgemeinen Lebensrisiko der Pfl...