Rechtswissenschaft und Rechtspraxis haben einen ihrer Großen verloren:
Dr. Thomas Wachter, Mitherausgeber dieser Zeitschrift und Autor zahlreicher wichtiger Werke im zerb verlag, ist Anfang Juni 2023, im Alter von 54 Jahren, verstorben. Sein Tod hinterlässt eine bleibende und schmerzliche Lücke.
Das Studium der Rechtswissenschaften führte Thomas Wachter unter anderem von München nach Genf, wo er seine Liebe zu grenzüberschreitenden Bezügen der Rechtspraxis (und zur französischen Sprache, die er auf Dolmetscherniveau beherrschte) entwickelte. Es erstaunt nicht, dass er schon sehr früh international publizierte (bereits sein vierter Fachaufsatz, 1999, beschäftigte sich mit "La garantie de crédit transfrontalier sur les immeubles") und später sein Handbuch des internationalen Stiftungsrechts im zerb verlag zum Klassiker werden sollte. Seit 2001 Notar in Osterhofen (Niederbayern), wurde sein Amtssitz bereits 2007 nach München verlegt, wo er (übrigens nur einen Steinwurf entfernt vom Verfasser dieser Zeilen, der ebenfalls ab 2007 in München tätig war) ein Einzelamt für jedermann, aber mit besonderem Fokus auf diejenige anspruchsvolle Kundschaft führte, deren Gestaltungswünsche zivil- und steuerrechtliche Gestaltung "am Hochreck" erforderte. Die Notarkanzlei war gänzlich auf ihn zugeschnitten, er führte sie ohne Unterbrechung durch Urlaube oder Krankheiten selbst und ließ sich allenfalls an Vortragstagen vertreten.
Thomas Wachter war ein ohne Grenzen fleißiger Rechtswissenschaftler, dem die juristische Praxis durch seinen tellerrandübergreifenden Einbezug bürgerlich-rechtlicher, gesellschaftsrechtlicher und vor allem steuerrechtlicher Aspekte unendlich viel verdankt. Zu sagen, dass er im Monatsrhythmus Fachaufsätze, Buch- und Urteilsbesprechungen veröffentlicht habe, ist angesichts seiner Bibliografie untertrieben. Jeder seiner Aufsätze stieß auf dankbares Leserinteresse, zeichnete ihn doch ein selten gewordener Schreibstil aus, bei welchem jeder Satz den Gedanken weiter voranbrachte, jedoch nur so weit, dass die Kette zum bisher Vermittelten nicht abriss. Immer wieder verblüffte er den Leser durch Querverbindungen zwischen verschiedenen Rechtsgebieten des Bürgerlichen Rechts, aber zuvörderst zwischen dem Zivil- und dem Steuerrecht, zu denen er kraft seiner Adlerperspektive wie kein anderer befähigt war.
Noch stärker geprägt hat er Rechtswissenschaft und Rechtspraxis freilich durch die unter seiner (Mit-)Herausgeberschaft entstandenen und in steten Neuauflagen aktualisierten Grundlagen- und Querschnittswerke (z.B. das Notarhandbuch "Gesellschafts- und Unternehmensrecht"), Gesetzeskommentare (etwa zum Aktiengesetz, zum Erbschaftsteuergesetz, zum Grunderwerbsteuergesetz) sowie Fachanwalts-Handbücher (etwa zum Handels- und Gesellschaftsrecht sowie zum Erbrecht) und seine rechtsvergleichenden Kompendien (etwa zum internationalen GmbH-Recht und internationalen Stiftungsrecht). Wenige Tage vor seinem Tod hat er noch umfangreiche Manuskripte zur 4. Auflage des Fachanwalts-Handbuchs "Erbrecht", das Ende dieses Jahres im zerb verlag erscheinen und ihm als Mitherausgeber durch seinen Herausgeberkollegen Bonefeld und alle Mitautoren gewidmet sein wird, eingeliefert. Oft war er selbst die treibende Kraft bei der Projektierung und Umsetzung neuer Buchideen; auch hier kam ihm seine aktive Verwurzelung in der Praxis und der intensive fachliche Austausch mit Berufskollegen zugute. Sogar für das Jahr 2025 waren bereits neue Werke aus seiner Feder angekündigt!
Er war Mitglied zahlreicher juristischer Vereinigungen und Vereine, Beirat und Mitherausgeber zahlreicher (weiterer) Fachzeitschriften, stand auch Pate beim Stapellauf neuer Periodika (etwa der RFamU) und war als Gutachter tätig.
In ganz besonderem Maße aber war Thomas Wachter auch Dozent. "Auf der Bühne" legte er seine sonst, im privaten Umgang, eher zurückhaltende Art vollständig ab und zog die zahlreichen Zuhörer – präsent, hybrid und online – in seinen Bann. Er sprach druckreif, stets mit der hilfreichen Prise Humor, didaktisch strukturiert, mit zahlreichen PowerPoint-Folien unterlegt (die auch bei einem zweistündigen Vortrag durchaus Buchstärke erreichen konnten und sicherlich ausgedruckt noch lange in vielen Handapparatsregalen stehen werden) und stets zu Themen, die für den Praktiker verwertbar waren, gepaart mit Formulierungsvorschlägen, die seine Kenntnisse und seine Erfahrung präzise in wenigen Zeilen zusammenführten. Stets hatte er Ideen für neue Veranstaltungs- und Themenformate – ja, er vernetzte mitunter sogar Veranstalter miteinander, was einmal mehr verdeutlicht, in welchem Maße er selbst gestaltend, und nicht nur beobachtend, ausgerichtet war. So sind beispielsweise auch die Überlinger Erbrechtstage, die er von Anfang an aktiv mitbegleitet hat, ihm zu großem Dank verpflichtet. Deren Markenkern war und ist es, Rechtsanwälte und Notare einerseits und Steuerberater sowie Wirtschaftsprüfer andererseits zusammenzuführen; nur gemeinsam und in disziplinübergreifender Pers...