Für den in der Türkei belegenen Nachlass des M ist der Anwendungsbereich des NA allerdings nicht eröffnet, da insoweit die Staatsangehörigkeit des Erblassers und der Belegenheitsort des Vermögens nicht auseinanderfallen. Mangels vorrangiger staatsvertraglicher Rechtsquelle wird das angerufene Gericht die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Inlands anhand der lex fori prüfen.
a. Behandlung aus deutscher Sicht
Ein deutsches Gericht wird daher nach Art. 4 EuErbVO aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts des M in Deutschland die deutschen Gerichte für international zuständig ansehen – dies sowohl für die Bankkonten in der Türkei als beweglichen Nachlass als auch für das Grundstück in Izmir.
Zur Bestimmung des anwendbaren Rechts würde das deutsche Gericht von der lex fori ausgehen und somit wegen des gewöhnlichen Aufenthalts des M in Deutschland einheitlich – sowohl für das Bankgutenhaben in der Türkei als auch für das Grundstück in Izmir – gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO zur Anwendung des deutschen materiellen Erbrechts gelangen.
Sofern nun auf dieser Grundlage ein Urteil eines deutschen Gerichts vorliegt, stellt sich die Frage nach der Anerkennung dieses Urteils in der Türkei. Die Vollstreckungsvorschriften gem. § 54 tIPRG, auf die durch § 58 Abs. 1 S. 1 tIPRG verwiesen wird, setzen jedoch insbesondere voraus, dass das Urteil nicht einen Gegenstand betrifft, der in die ausschließliche Zuständigkeit der türkischen Gerichte fällt. Dies ist allerdings nach Art. 12 tZPO für unbewegliches Vermögen der Fall. Die türkischen Gerichte sind ausschließlich für in der Türkei belegene Grundstücke zuständig. Soweit das Urteil also das Grundstück in Izmir betreffen würde, wäre es nicht anerkennungsfähig.
b. Behandlung aus türkischer Sicht
Ein türkisches Gericht würde dagegen bei Anwendung von Art. 43 tIPRG aufgrund des Umstands, dass der letzte Wohnsitz des M nicht in der Türkei war, zur internationalen Zuständigkeit der türkischen Gerichte kommen, da sowohl der bewegliche Nachlass – die Bankguthaben in der Türkei – als auch der unbewegliche Nachlass – das Grundstück in Izmir – in der Türkei belegen sind.
Das türkische Gericht würde – ebenfalls ausgehend von der lex fori – angesichts der türkischen Staatangehörigkeit des M nach Art. 20 Abs. 1 S. 1 tIPRG im Hinblick auf die Bankguthaben in der Türkei als bewegliches Vermögen türkisches materielles Erbrecht anwenden. Gleiches gilt gem. Art. 20 Abs. 1 S. 2 tIPRG aufgrund dessen Belegenheit in der Türkei für das Grundstück in Izmir. Ein demnach ergangenes Urteil könnte auch weder nach § 328 ZPO noch nach §§ 108, 109 FamFG anerkannt werden, da ein Anerkennungshindernis nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bzw. § 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG besteht, weil die türkischen Gerichte vorliegend aus (spiegelbildlich) deutscher Sicht wegen Art. 4 EuErbVO nicht international zuständig wären.