Einführung
Vorbemerkung: Der Entwurf erläutert § 2057 b Abs. 1 (BT-Drucksache 16/8954, S. 17; zu Nummer 14) dahin: "Zunächst sollen künftig alle gesetzlichen Erben und nicht nur Abkömmlinge ausgleichungsberechtigt sein. Es gibt keinen zwingenden Grund, die Ausgleichungspflicht auch weiterhin nur für Abkömmlinge zuzulassen." Begründung hierzu: Pflegeleistungen würden, zumal in Zeiten signifikanter Kinderlosigkeit, auch von Kindern gegenüber Eltern oder Geschwistern gegenüber Geschwistern erbracht.
Nach § 2057 b des Entwurfs sollen wegen Pflegeleistungen zugunsten des Erblassers nicht nur die Abkömmlinge, sondern alle gesetzlichen Erben zur Ausgleichung berechtigt sein. Wegen der übrigen Ausgleichungstatbestände, §§ 2050, 2057 a, bleibt es indessen bei der Beschränkung auf Abkömmlinge. Treffen Sachverhalte nach E § 2057 b einerseits, §§ 2050, 2057 a andererseits zusammen, so entstehen hinsichtlich der Berechnungsergebnisse einige Ungereimtheiten und Wertungswidersprüche.
1 1.
Als gesetzliche Erben kommen im Hinblick auf Ausgleichungen folgende Personen in folgenden Konstellationen in Betracht (Verwandtschaftsverhältnis jeweils auf den Erblasser bezogen):
▪ |
Mehrere Abkömmlinge untereinander; |
▪ |
ein Abkömmling neben dem Ehegatten (in Folge immer mitzulesen: oder eingetragener Lebenspartner); |
▪ |
mehrere Abkömmlinge neben dem Ehegatten; |
▪ |
der Ehegatte neben Eltern und Voreltern oder Abkömmlingen von Eltern; |
▪ |
Eltern und Voreltern untereinander oder neben Geschwistern und Abkömmlingen von Geschwistern. |
Die Neuregelung wirft im Hinblick auf die Abrechnung nach den §§ E 2057 b Abs. 1 Satz 2, 2057 a Abs. 4 in einigen Fällen bislang unbekannte Probleme auf, wie die folgenden Beispiele zeigen sollen.
2 2.
Diese Probleme beruhen auf einer systematischen Unklarheit.
2.1 a)
Ausgleichung im herkömmlichen Sinne der §§ 2050 ff BGB bedeutet Quotenverschiebung der Erbanteile von Abkömmlingen, die begründet ist durch ausgleichungsrelevante Vorgänge gemäß den Varianten des § 2050 einerseits, § 2057 a andererseits. Sie setzt voraus: (a) Mindestens zwei Beteiligte, (b) eine bestimmte Vermögensmasse als Gegenstand der Teilung, (c) einen materiellen Grund der Ausgleichung. Beispiel: War der Erblasser im gesetzlichen Güterstand verheiratet und Vater zweier Abkömmlinge A und B, und hat der A einen Bauplatz zur Hochzeit als Ausstattung erhalten, so ergeben sich zu den drei Aspekten
(a) als Beteiligte nur A und B
(b) als Gegenstand der Teilung insoweit die Hälfte des Nachlasses, da die Ehefrau mit ihrer Hälfte an der Ausgleichung nicht beteiligt ist,
(c) als Grund der Ausgleichung die §§ 2050 Abs. 1, 1624 Abs. 1 BGB.
Nach der Neufassung kommen jedoch nicht alle gesetzlichen Erben hinsichtlich aller möglichen Ausgleichungssachverhalte, also den §§ 2050, 2057 a und 2057 b, in Betracht. Vielmehr ist zu unterscheiden: Für die Abkömmlinge gelten alle drei Tatbestände und gleichrangig, hinsichtlich sonstiger gesetzlicher Erben greift prinzipiell nur § 2057 b. Im ersteren Falle ist es möglich, dass Tatbestände nach § 2050 und solche nach den §§ 2057 a und b zusammentreffen. Sie beziehen sich dann auf einen einheitlichen ausgleichungsrelevanten Nachlass; zum Zwecke der Berechnung der einzelnen Erbteile werden Zuwendungen nach § 2050 als noch vorhanden und wird der Wert von Leistungen nach den §§ 2057 a und b als abgeflossen fingiert, und zwar in einem wiederum einheitlichen Berechnungsvorgang.
2.2 b)
Nach der Neuregelung ist es nun möglich, dass die Ehefrau wegen Pflegeleistungen nach § 2057 b Abs. 1 gegenüber Abkömmlingen ausgleichungsberechtigt wird. Da der Ausgleichungsvorgang somit alle Berechtigten erfassen muss, ergibt sich als ausgleichungsrelevante Masse der gesamte Nachlass.
Beispiel 1
Regelfall: Ehefrau F im gesetzlichen Güterstand habe auf Ableben des Ehemannes neben zwei Abkömmlingen A und B Anspruch auf Ausgleichung nach § 2057 b (denn dem § 1353 Abs. 1 Satz 2, "Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung" ist neuerdings hinzuzudenken: "... – im Pflegefall jedoch nur gegen gesonderte Vergütung").
(1) Nettonachlass |
100.000 |
(2) Wert einer Leistung der Ehefrau nach § 2057 b (indexiert) |
20.000 |
(3) Ausgleichungspflichtige Zuwendungen an bzw. Leistungen der Abkömmlinge |
0 |
Vollzug der Ausgleichung, § 2057 a Abs. 4 Satz 2: Ausgleichungsberechtigt sind prinzipiell alle Beteiligten. Also: Abzug des Ausgleichungsbetrages vom Nachlass, wie er unter den Berechtigten zu verteilen ist, § 2057 a Abs. 4 Satz 1, vorliegend
(4) 100.000 – 20.000, verbleiben |
80.000 |
Diese verteilen sich in die gesetzliche Quote der Berechtigten, also
(5) Ehefrau 1/2 mit |
40.000 |
(6) Abkömmlinge je 1/4 mit 2 x 20.000 = |
40.000 |
F hätte insgesamt (40.000 + 20.000 =) 60.000 zu beanspruchen.
Abwandlung 1: Die Leistung nach § 2057 b ist vom Abkömmling A erbracht. Da die Ausgleichung zwischen allen gesetzlichen Erben stattfindet, ergibt sich kein prinzipieller Unterschied:
(1) Nettonachlass |
100.000 |
(2) abzüglich Leistung des A |
20.000 |
(3) ergibt restlich |
80.... |