Wird in einem Fall mit Auslandsberührung die Entscheidung eines deutschen Gerichtes begehrt, sei es, dass eine Klage eingereicht wird oder bei einem Nachlassgericht ein Erbschein beantragt wird, stellt sich die Frage nach der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Dabei handelt es sich um eine Verfahrensvoraussetzung, die von Amts wegen zu prüfen ist, §§ 56 ZPO, 12 FGG.
a) Grundsätzlich gilt im internationalen Verfahrensrecht, dass soweit keine vorrangigen staatsvertraglichen Regelungen bestehen, die örtliche Zuständigkeit die internationale Zuständigkeit indiziert.
b) Eingeschränkt wird diese Regel in Nachlasssachen durch den strengen Gleichlaufgrundsatz, d. h., weitere Voraussetzung für ein Tätigwerden der deutschen Nachlassgerichte ist, dass deutsches materielles Erbrecht zur Anwendung gelangt.
c) Eine Einschränkung des strengen Gleichlaufgrundsatzes ergibt sich bislang aber wiederum aus § 2369 BGB. Diese Vorschrift setzt voraus, dass ein inländischer Gerichtsstand für die Erteilung eines Erbscheins fehlt. Insoweit wird damit zunächst das Prinzip des strengen Gleichlaufs bestätigt. Andererseits sieht § 2369 BGB gerade hierfür eine Ausnahme vor, wenn sich Nachlassgegenstände im Inland befinden.
Neu: Ableitung der internationalen Zuständigkeit von der örtlichen Zuständigkeit § 105 Andere Verfahren "In anderen Verfahren nach diesem Gesetz sind die deutschen Gerichte zuständig, wenn ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist."
Aus § 105 FamFG ergibt sich der neue Grundsatz, dass die internationale Zuständigkeit aus der örtlichen Zuständigkeit abgeleitet wird. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung: "Damit wird der ungeschriebenen sog. Gleichlauftheorie, wonach die deutschen Gerichte für Nachlasssachen nur bei Anwendung deutschen Sachrechts zuständig seien, eine Absage erteilt." Für die Beibehaltung des Gleichlaufgrundsatzes lässt sich aber anführen, dass das Recht für die praktische (schnelle, billige) Rechtsdurchsetzung gedacht ist und nicht zur Durchsetzung allgemeiner Strukturen. So wurden auch schon bisher Ausnahmen vom Gleichlaufprinzip zugelassen, wenn ein praktisches Bedürfnis bestand. Auch kann die Neuregelung zu einer Ausweitung der internationalen Zuständigkeit auch auf nicht im Inland befindliche Nachlassgegenstände führen.
Neu: § 2369 Abs. 1 BGB "(1) Gehören zu einer Erbschaft auch Gegenstände, die sich im Ausland befinden, kann der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins auf die im Inland befindlichen Gegenstände beschränkt werden."
Das örtlich zuständige Nachlassgericht wird einen Erbschein in Zukunft grundsätzlich auch dann ausstellen, wenn die Rechtsnachfolge von Todes wegen einem ausländischen Recht unterliegt. Soweit § 2369 Abs. 1 BGB bislang so verstanden wurde, dass die Vorschrift als Ausnahme von der "Gleichlauftheorie" trotz Anwendung ausländischen Sachrechts die Ausstellung eines Erbscheins für im Inland belegene Nachlassgegenstände erlaubt, besteht folglich kein Bedürfnis mehr für die Vorschrift. Die Neufassung des § 2369Abs. 1 BGB geht jedoch davon aus, dass auch nach der Ablösung der "Gleichlauftheorie" für den Erben eines Nachlasses, der im In- und Ausland belegen ist, ein Interesse daran bestehen kann, den Antrag auf Erbscheinserteilung auf den inländischen Nachlass zu beschränken.
Denkbar sind insbesondere Fälle von Nachlassspaltung, in denen die Ermittlung der Erbfolge für den im Ausland belegenen Nachlass nach dem anzuwendenden ausländischen Recht zeitaufwendig ist, während die Rechtslage bezüglich des im Inland befindlichen Nachlasses nach dem anzuwendenden deutschen Recht unproblematisch ist.