Die klassische Handschenkung des § 516 BGB knüpft an den Akt des "in die Hand Legens" an. Dieses Gedankenmodell des "in die Hand Legens" liegt letztlich der herrschenden Meinung zur Frage des Schenkungsgegenstandes bei Lebensversicherungszuwendungen ebenso noch zugrunde wie der jüngsten Entscheidung des OLG Stuttgart, weshalb es abermals auf die Versicherungsprämie abstellt. Die Versicherungsprämien legt der Erblasser, so der Gedanke, "in die Hand" des Versicherungsunternehmens, das diese Geldmenge nach seinem Tode an den Bezugsberechtigten auszahlt. Dass das Versicherungsinstitut später bei Eintritt des Versicherungsfalles mehr auszahlt, ist hiernach irrelevant. Es kommt ganz auf die Entreicherung des Erblassers an, die substanziell an der hingegebenen Geldmenge, den Prämien, festgemacht wird.
Dieses letztlich an der Idee der Hingabe einer körperlichen Vermögenssubstanz festmachende Verständnis der Schenkungszuwendung ist antiquiert und durch die Rechtsfigur der "mittelbaren Schenkung" auch längst überwunden. Bereits 1952 hatte der vierte Senat des BGH festgestellt, dass bei Hinwendung eines Geldbetrages vom Schenker an den Beschenkten zum Zwecke des Erwerbs eines Grundstücks allein der Parteiwille darüber entscheidet, ob es sich um eine Schenkung des Geldbetrages oder – mittelbar – um eine Schenkung des Grundstücks handeln soll. Bereits im Tenor der Entscheidung war durch Klammerzusatz festgestellt, dass dann der Fall einer "unmittelbaren Vermögensverschiebung durch mittelbare Zuwendung" vorliege. Es stellt in der Urteilsbegründung ferner fest, dass für eine unentgeltliche Zuwendung keineswegs erforderlich ist, dass der geschenkte Gegenstand vor der Schenkung Eigentum des Schenkers gewesen ist, vielmehr die Bereicherung aus dem Vermögen des Schenkers auch darin liegen könne, dass dieser einem anderen mit seinen Mitteln einen Gegenstand von einem Dritten verschafft.
Wenn die herrschende Meinung den Schenkungsbegriff in der Fallgestaltung der Lebensversicherungszuwendung im Pflichtteilsergänzungsrecht immer noch so verengt definiert, dass Schenkung nur sein kann, was vorher auch bereits Entreicherung des Schenkers war, so wird übersehen, dass diese Auffassung zum Schenkungsgegenstand bei der Lebensversicherungszuwendung mit dem im Urteil des vierten Senates des BGH vom 29. Mai 1952 herausgearbeiteten mittelbaren Schenkungsbegriff nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Die Rechtsfigur der mittelbaren Schenkung muss aber auch pflichtteilsergänzungsrechtlich relevant sein, denn das Pflichtteilsergänzungsrecht kennt keinen eigenständigen Schenkungsbegriff, sondern verweist nur auf den der §§ 516 f BGB. Der Schenkungsbegriff wird also in der Rechtsfigur der mittelbaren Zuwendung schon seit vielen Jahrzehnten in einem viel weiteren Sinne verstanden, als dies nach der herrschenden Meinung zur Pflichtteilsergänzungsgröße bei Lebensversicherungszuwendungen möglich sein dürfte. Der mittelbare Schenkungsbegriff stellt auf den konkreten Parteiwillen ab, wenn es gilt, die "Substanz" der konkreten Schenkung zu ermitteln: Ist das beim Beschenkten eingetroffene Vermögen – sei es auch über einen Mittler – die vom Schenker erstrebte und durch entsprechende vertragliche Abreden auch hervorgerufene Bereicherung, handelt es sich um eine mittelbare Schenkungszuwendung, auch wenn die eintretende "substanzielle" Bereicherung des Zuwendungsempfängers so nie im Vermögen des Schenkers vorhanden war.
Neben der mittelbaren Grundstücksschenkung sei als weiteres Beispiel hier die Schenkung eines Kommanditanteils erwähnt, bei dem der Schenker verschiedene Möglichkeiten hat, sein Ziel zu realisieren: Er kann einen bestehenden Kommanditanteil unentgeltlich übertragen. Er kann den Beschenkten in sein Unternehmen als Kommanditist aufnehmen und dieses so in eine KG umwandeln, ohne dass den Beschenkten hier eine Einlage- oder sonstige Gegenleistungspflicht trifft. Er kann mit dem Beschenkten zusammen eine KG gründen, wobei nur er, der Schenker, Kapital einbringt. Er kann dem Beschenkten eine Geldsumme zuwenden, damit dieser damit dann einen bestimmten KG-Anteil erwirbt. Was konkreter Schenkungsgegenstand sein soll, entscheidet (wiederum nur) der Parteiwille. Dieser ist so lange relevant, solange er sich nach außen manifestiert hat, also in die Tat umgesetzt wird. In allen diesen Fällen ist es müßig, danach zu fragen, ob "Entreicherungsgegenstand" beim Schenker und "Bereicherungsgegenstand" beim Beschenkten identisch ist. Dieses Kriterium ist für die Definition des Schenkungsbegriffs untauglich, weil es bei einer Vielzahl von Alltagsphänomenen schlicht und einfach versagt.
Nichts anderes gilt denn auch bei der Lebensversicherungszuwendung. Das Zuwendungsobjekt stammt nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Erblassers. Dem Begünstigten ist die Versicherungssumme als Zuwendungsobjekt lediglich auf Kosten des Vermögens des Zuwendenden aus dem Vermögen des Schuldners des Erblassers, dem Vermögen des Versicherers, verscha...