a) Grundsatz: Gleichlauf mit dem materiellen Erbrecht
Anders als im streitigen Zivilprozess bestimmt die Rechtsprechung die internationale Zuständigkeit in den Nachlass- und Teilungssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht in Anlehnung an die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit, sondern im Gleichlauf mit der Anwendbarkeit des materiellen Rechts (sog. Gleichlauftheorie). Danach ist ein deutsches Nachlassgericht grundsätzlich nur dann international zuständig, wenn für den Erbfall zumindest infolge Rückverweisung deutsches Recht wenigstens teilweise maßgebend ist. Die Gleichlauftheorie wird vom Schrifttum überwiegend kritisiert, weil dieser Grundsatz einerseits durch zahlreiche Ausnahmen aufgeweicht ist, andererseits aber keine zwingenden Gründe für einen Gleichlauf mit dem materiellen Recht ersichtlich sind, sich aber hieraus eine mit dem Justizgewähranspruch unvereinbare Rechtspflegeverweigerung ergeben kann. Für die Erbschaftsausschlagung bedeutet dies, dass die deutschen Nachlassgerichte für die Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung grundsätzlich nur dann international zuständig sind, wenn sich der Erbfall nach deutschem Sachrecht beurteilt, selbst wenn sich aus § 73 FGG eine örtliche Zuständigkeit ergeben würde, etwa weil der ausländische Erblasser Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland hatte.
b) Ausnahmen vom Gleichlaufgrundsatz
Als wichtigste Ausnahme vom Gleichlaufgrundsatz ist § 2369 BGB anerkannt, der die Befugnis zur Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins trotz fehlender internationaler Zuständigkeit nach materiellem Recht anordnet. Die hM wendet § 2369 BGB nicht nur auf die Erteilung des gegenständlich beschränkten Erbscheins an, sondern umfassend auf alle Verrichtungen, die hiermit in Zusammenhang stehen, sodass in diesem Fall deutsche Gerichte auch zur Entgegennahme einer Erbschaftsausschlagung international zuständig sind. Daneben wird auch bei Geltung eines ausländischen Erbstatuts eine internationale Not- bzw. Fürsorgezuständigkeit deutscher Gerichte dann im Einzelfall bejaht, wenn die Verneinung der Zuständigkeit einer Rechtsschutzverweigerung gleichkäme, insbesondere weil die aus deutscher Sicht international zuständigen Gerichte oder Behörden die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung verweigern.
c) Entgegennahme durch das unzuständige Gericht
Darüber hinaus wird die zur Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung durch das örtlich unzuständige Gericht entwickelte entsprechende Geltung von § 7 FGG (siehe oben I. 1. d) in ›zweifach analoger‹ Anwendung auch auf die Entgegennahme durch das international unzuständige Gericht erstreckt. So hat das BayObLG diese Voraussetzungen in einem Fall angenommen, in dem sich das deutsche Nachlassgericht gegenüber dem Ausschlagenden in einer Weise betätigt hatte, die geeignet gewesen war, bei den Beteiligten das Vertrauen zu erwecken, das Nachlassgericht sei international zuständig. Das Gericht hatte – trotz Hinweis auf die ausländische Staatsangehörigkeit – mehrere Ausschlagungserklärungen entgegengenommen und darüber belehrt, dass eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für die Ausschlagung der beteiligten Kinder nicht erforderlich sei.