a) Aufgabe der Gleichlauftheorie
Das FamFG erteilt der Gleichlauftheorie mehrfach eine klare Absage. In § 105 FamFG ist nunmehr bestimmt, dass die deutschen Gerichte in allen Verfahren nach dem FamFG dann international zuständig sind, wenn sie auch örtlich zuständig sind. In der Begründung des Regierungsentwurfs wird unter Billigung der im Schrifttum geäußerten Kritik ausführlich dargelegt, dass mit dieser Bestimmung insbesondere der im Nachlassverfahren bislang favorisierte Gleichlauf von materiellem Recht und internationaler Zuständigkeit aufgegeben werden soll. Die hiermit verbundene Ausweitung der internationalen Zuständigkeit wird zwar erkannt, aber als im Vergleich zu einer aufgrund der Gleichlauftheorie drohenden Rechtsschutzverweigerung geringere Gefährdung der Verkehrsinteressen gewertet. Für das Recht der Erbschaftsausschlagung bedeutet dies, dass das deutsche Nachlassgericht stets international zuständig ist, wenn es gemäß § 343 FamFG örtlich zuständig ist. Als einzige Einschränkung knüpft § 343 Abs. 3 FamFG – wohl um einer möglicherweise zu umfassenden internationalen Zuständigkeit vorzubeugen – die örtliche und internationale Zuständigkeit für den Nachlass eines ausländischen Erblassers, der im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt hatte, daran, dass ›jedenfalls ein Teil der Nachlassgegenstände im Inland befindlich‹ sein muss.
b) Reichweite der Ausschlagungserklärung bei Nachlassspaltung und Anwendbarkeit ausländischen Sachrechts
Die Anwendbarkeit der Gleichlauftheorie führte dazu, dass sich bei einer Nachlassspaltung die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlassgerichts auf die im Inland befindlichen, dem deutschen Sachrecht unterliegenden Nachlassgegenstände beschränkte. Die Ausschlagung konnte somit auch nur hinsichtlich des dem deutschen Recht unterstehenden inländischen Nachlassvermögens erklärt werden, hinsichtlich des dem ausländischen Sachrecht unterstehenden Nachlasses musste die Erbschaft zusätzlich unter Beachtung des ausländischen Sachrechts ausgeschlagen werden. Mit der Aufgabe der Gleichlauftheorie fällt auch diese Besonderheit bei Vorliegen einer Nachlassspaltung weg, sodass das deutsche Nachlassgericht künftig im Falle seiner internationalen Zuständigkeit zur Entgegennahme der Ausschlagungserklärung über den gesamten Nachlass berufen ist, gleichgültig, wo sich dieser Nachlass befindet und welchem Sachrecht er unterworfen ist. Im Falle der ausschließlichen Anwendbarkeit ausländischen Sachrechts war unter Geltung des § 2369 BGB, der die internationale Zuständigkeit für die Erteilung eines Erbscheins gegenständlich, also auf die im Inland belegenen Gegenstände beschränkte, gleichfalls umstritten, ob sich die aus § 2369 BGB abgeleitete Zuständigkeit zur Entgegennahme von Ausschlagungserklärungen auf den gesamten, also auch den ausländischen Nachlass erstreckte oder nur auf die im Inland befindlichen Nachlassgegenstände begrenzt blieb. Diese Streitfrage dürfte nunmehr durch den klaren Wortlaut des Gesetzes (›für alle Nachlassgegenstände‹) und die Intention des Gesetzgebers, aus § 2369 BGB keine Beschränkung der internationalen und örtlichen Zuständigkeit mehr herleiten zu dürfen, ebenso entschieden sein. Die sich aus den §§ 105, 343 FamFG ergebende internationale Zuständigkeit erfasst damit die Entgegennahme von Ausschlagungserklärungen über den gesamten inländischen und ausländischen Nachlass, unabhängig davon, ob dieser nach deutschem oder ausländischem Erbrecht zu beurteilen ist.
Beratungshinweis Für die Beratungspraxis ist hierbei von besonderer Bedeutung, dass in Fällen der Nachlassspaltung zwar weiterhin eine teilweise Ausschlagung bzw. Annahme der einzelnen Nachlassmassen möglich bleibt, wegen der umfassenden internationalen Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte nunmehr jedoch unbedingt darauf geachtet werden muss, dass sich aus der Ausschlagungserklärung unzweideutig ergibt, ob sich die Ausschlagung auf den gesamten Nachlass oder nur auf einzelne Nachlassgegenstände (z. B. nur auf die inländischen oder nur auf die ausländischen oder nur auf bestimmte ausländische) bezieht.
c) Besondere internationale Zuständigkeit durch § 344 Abs. 7 FamFG?
Aus der eindeutigen Abkehr des Gesetzgebers von der Gleichlauftheorie könnte gefolgert werden, auch § 344 Abs. 7 FamFG begründe eine besondere internationale Zuständigkeit im Sinne des § 105 FamFG. Dies hätte eine bedenkliche Ausdehnung der Zuständigkeit deutscher Nachlassgericht...