Leitsatz
Der Geschäftsführer ohne Auftrag, der ein Mietgrundstück verwaltet, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, gegenüber dem Mieter ein Mieterhöhungsverlangen auszusprechen.
BGH, Urteil vom 6. März 2008 – III ZR 219/07
Sachverhalt
Der Kläger ist zusammen mit sechs weiteren Beteiligten in Erbengemeinschaft als Eigentümer eines in Brandenburg belegenen Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Aufgrund eines entsprechenden Rechtsträgernachweises vom 31. Januar 1977 war als einer der Miterben zunächst "Eigentum des Volkes: Rechtsträger, Rat der Gemeinde S." eingetragen. Seit 2002 ist dieser Miterbenanteil auf die Bundesrepublik Deutschland umgeschrieben. Das Grundstück ist mit einem vermieteten Einfamilienhaus bebaut.
Die Gemeinde S. (im Folgenden: Gemeinde) übertrug mit einem im August 1995 geschlossenen Vertrag der Beklagten "die Verwaltung der in S. gelegenen Grundstücke der Gemeinde bezüglich aller Angelegenheiten, die zur Verwaltung notwendig und zweckmäßig sind". In § 3 Abs. 1 des Vertrags bevollmächtigte die Gemeinde die Beklagte, im Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben, "im Namen des Auftraggebers zu handeln und insbesondere rechtsgeschäftliche Erklärungen gegenüber Dritten mit Wirkung für und gegen den Auftraggeber abzugeben". Aufgrund dieses Vertrages übernahm die Beklagte auch die Verwaltung des Grundstücks der Erbengemeinschaft.
Der Kläger verlangt – soweit hier noch im Streit – zu deren Gunsten von der Beklagten Schadensersatz, weil sie es pflichtwidrig unterlassen habe, per 1. Januar 1996 und 1. Januar 1998 die Miete für das Wohngrundstück zu erhöhen. Er fordert den Betrag der entgangenen erhöhten Miete für die Jahre 1996 bis 1999, hilfsweise für die Folgejahre.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Schadensersatzanspruch weiter.
Aus den Gründen
Die zulässige Revision ist unbegründet. Über sie ist entsprechend § 539 Abs. 2 Satz 2, letzter Halbsatz ZPO durch ein (unechtes) Versäumnisurteil zu entscheiden.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts klagt der Kläger zwar in gemäß § 2039 Satz 2 BGB zulässiger gesetzlicher Prozessstandschaft für die Erbengemeinschaft, da er einen zum Nachlass gehörenden Schadensersatzanspruch geltend mache. Weiter bestehe zwischen der Beklagten und der Erbengemeinschaft ein Schuldverhältnis, da die Beklagte als Geschäftsführerin ohne Auftrag (§ 677 ff BGB) gehandelt habe. Sie habe jedoch ihre aus diesem Rechtsverhältnis folgenden Pflichten nicht verletzt. Sie habe keine Vertretungsmacht zur Mieterhöhung für die Erbengemeinschaft gehabt. Eine Vollmacht hierfür habe sich insbesondere nicht aus dem zwischen der Beklagten und der Gemeinde geschlossenen Verwaltervertrag ergeben. Diese vertraglichen Beziehungen seien nicht geeignet, einen Schadensersatzanspruch zugunsten aller Miterben zu begründen.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. a) Das Berufungsgericht nimmt an, die Voraussetzungen für eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag der Beklagten zugunsten der Erbengemeinschaft seien erfüllt. Insbesondere geht es davon aus, dass die Beklagte trotz des mit der Gemeinde geschlossenen Verwaltervertrags auch den Willen hatte, für die Erbengemeinschaft tätig zu werden. Dies nimmt die Revision als ihr günstig hin und ist von Rechts wegen auch im Hinblick darauf nicht zu beanstanden, dass der Beklagten nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers ein Grundbuchauszug vorlag, aus dem sich das Eigentum der Erbengemeinschaft an dem betroffenen Grundstück ergab (vgl. auch Senat BGHZ 143, 9, 13 ff).
b) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht eine Verletzung der Pflichten der Beklagten aus dem Geschäftsführungsverhältnis und einen hieraus folgenden Schadensersatzanspruch, der sich nach dem vor dem 1. Januar 2002 anwendbaren Recht richtet (Art. 229 §§ 3, 5 EGBGB), verneint.
Nach § 677 BGB ist der Geschäftsführer ohne Auftrag verpflichtet, das übernommene Geschäft so zu führen, wie es das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert. Die Beurteilung, welche Maßnahmen danach notwendig sind, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Geschäftsführers, da die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag mit dem Fall vergleichbar ist, dass der Geschäftsherr einen allgemeinen Auftrag erteilt hat, ohne nähere Weisungen gegeben zu haben (Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, 1899, S. 1197; Staudinger/Bergmann [2006] § 677 Rn 17). Hiernach hat die Beklagte ihre Pflichten nicht verletzt, indem sie die nach Auffassung des Klägers gebotenen Mieterhöhungsverlangen unterließ. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist grundsätzlich auf die vorübergehende Wahrung der Interessen des Geschäftsherrn während einer Zeit gerichtet, in der dieser nicht in der Lage ist, das Geschäft selbst auszuführen oder Weisungen zu erteilen. Dies ergibt sich insbesondere aus § 681 Satz 1 BGB, der bestimmt, dass der Geschäftsführe...