Die Beschwerde ist zulässig, weil die Antragstellerinnen als Erbinnen nach dem Bruder des Erblassers in ihren Rechten betroffen sind, §§ 19, 20, 21 FGG. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil es das Amtsgericht zu Recht abgelehnt hat, den Erbschein einzuziehen. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Erbschein unrichtig ist, § 2361 Absatz 1 BGB. Zwar ist es ausweislich der Sterbeurkunde und des Prozessregisterauszugs sowie der Bekundungen der Beteiligten zu 3. wohl zutreffend, dass der Erblasser und ... nach Errichtung ihres Ehegattentestaments geschieden wurden, und dass grundsätzlich Ehegattentestamente im Falle der Scheidung der Ehe gemäß den §§ 2268 mit 2077 BGB unwirksam werden. Die Verfügungen bleiben allerdings gemäß § 2268 Abs. 2 BGB insoweit wirksam, als anzunehmen ist, dass sie auch für den Fall der Eheauflösung getroffen sein würden.
Weder das eine noch das andere kann hier mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden. Festgestellt werden kann nur, dass der Erbschein zugunsten der – geschiedenen – Ehefrau erteilt wurde, obwohl die Scheidung bekannt war. Festgestellt werden konnte auch durch die Mitteilung der Schwester der Erblasserin, dass es sich um keine normale Scheidung handelte. Vielmehr waren Einflüsse des damals in Deutschland bestehenden nationalsozialistischen Unrechtsregimes (vgl. BVerfG NJW 2004, 3257 f) Grund für die Scheidung – der Erblasser war Jude und ... erklärte ihrer Schwester, "von der Gestapo" zur Scheidung gezwungen worden zu sein, wobei die Kammer keinerlei Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage hat. (Daher kommt es auf die Frage, ob ... Jüdin war, nicht an.) Die Vermutung, dass die Ehegatten für diesen Fall gewollt hätten, dass das gemeinschaftliche Testament wirksam bleibt, liegt mithin nahe. Der Umstand, dass sich nicht mehr mit Sicherheit aufklären lässt, weshalb der Erbschein damals erteilt wurde, geht zulasten der Antragstellerinnen.
Zwar ist es richtig, dass im Grundsatz eine zur Einziehung verpflichtende Unrichtigkeit eines Erbscheines vorliegt, wenn die Voraussetzungen für dessen Erteilung schon ursprünglich nicht gegeben waren oder nachträglich nicht mehr vorhanden sind (vgl. nur OLG Frankfurt FamRZ 1996, 970 f = NJW-RR 1996, 1159 f, zitiert nach juris, dort Rn 16). Dabei genügt, dass das bei der Erteilung angenommene Erbrecht nicht mehr feststeht und die erforderliche Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit des Erbscheins über einen bloßen Zweifel hinaus erschüttert ist (aaO mit weiteren Nachweisen). Weiter wird sogar ausgesprochen, der Erbschein sei einzuziehen, wenn er aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr erteilt werden dürfte, falls das Nachlassgericht jetzt über die Erteilung zu entscheiden hätte (aaO).
Hier liegt der Fall so, dass zwar angesichts der heute verfügbaren – lückenhaften – Erkenntnisse der Erbschein nicht mehr erteilt werden könnte, weil wegen des Vermerks in der Sterbeurkunde des Erblassers, dass dieser geschieden war, die Ehefrau gemäß den §§ 2268 Absatz 1 und 2077 Absatz 1 BGB als Erbin nicht mehr in Betracht käme. Die Überzeugung, dass ... trotz der Scheidung Erbin sein sollte, könnte nicht mehr gebildet werden, weil die Aussage der Schwester allein dazu nicht ausreichen dürfte. Damals jedoch, als der Erbschein erteilt wurde, lagen hierfür offenbar Unterlagen vor. Ob der Erbschein richtig ist, kann deswegen nicht mehr anhand derselben oder zusätzlicher Erkenntnisquellen beurteilt werden.
Sind die bei Erteilung des Erbscheines zugrunde liegenden Ermittlungsergebnisse nicht mehr nachvollziehbar, weil die entsprechenden Akten mit den maßgeblichen Urkunden vernichtet wurden oder verloren gingen, und können diese Ermittlungen auch nicht erneut angestellt werden, gibt es also im Einziehungsverfahren weniger Erkenntnisquellen als im Erteilungsverfahren und steht zusätzlich jedenfalls in höchstem Grade zu vermuten, dass die Scheidung erzwungen worden war, so kann die Überzeugung der Kammer von der Richtigkeit des Erbscheins nicht erschüttert werden. Vielmehr spricht dieser Umstand dafür, dass die Einsetzung der ... in dem Testament von 1937 gemäß den §§ 2268 Absatz 2, 2077 Absatz 3 BGB wirksam bleiben sollte. Eine gegenteilige Auffassung führte dazu, dass eine fehlerhafte Erbscheinserteilung vermutet würde, was dem Regelungszweck des § 2361 BGB widerspräche. Nach allem ist die Beschwerde zurückzuweisen, weil sich die amtsgerichtliche Entscheidung als richtig erweist.