Im Falle gesetzlicher Vertretung kann der Betroffene im Hinblick auf die Durchsetzung des Anspruchs selbst nicht rechtswirksam handeln. Hindert die Minderjährigkeit aber schon die Annahme von Kenntnis?
Siebzehnjähriger wird von alkoholisiertem Freund angefahren, verschweigt dies, um ihn nicht in Schwierigkeiten zu bringen, und stirbt später an den Unfallfolgen, ohne sich den Eltern offenbart zu haben. Seine Freundin, der er sich anvertraut hatte, setzt die Eltern nach dem Tod in Kenntnis.
Den Schadensersatzanspruch hätte er ohne Zutun der Eltern mangels Geschäftsfähigkeit nicht durchsetzen können. Legt man den Schwerpunkt der Betrachtung nicht auf die Kenntnis selbst, sondern auf die rechtliche Befugnis, diese Kenntnis zu verwerten und den Anspruch – erforderlichenfalls klagweise – durchzusetzen, so kann es zutreffend nur auf diejenige der Eltern ankommen.
Problematisch wird dies in dem Fall, dass der Anspruchsinhaber und Kenntnisträger seine Handlungsbefugnis erst nach Anspruchsentstehung gewinnt.
Variante obigen Beispiels: Der siebzehnjährige Kenntnisinhaber wird kurz nach dem Vorfall volljährig und verstirbt sodann.
Mit Eintritt der Volljährigkeit fielen Kenntnis und Geschäftsfähigkeit demnach in eine Hand. Wenn allerdings die Regeln der Geschäftsfähigkeit auf die Frage der Kenntnis analog anzuwenden sind, man also Geschäftsfähigkeit und (hier provisorisch sogenannte) Kenntnisfähigkeit gleich zu behandeln hätte, käme die positive Kenntnis des Minderjährigen als rechtserheblich nicht in Betracht, könnte mithin durch Volljährigkeit nicht aktivierbar sein.
Aus der Rechtsgeschäftslehre ist die Unterscheidung zwischen geschäftsähnlichen Handlungen und Realakten bekannt. Für Erstere soll die Regelung der §§ 104 ff BGB analog gelten und bei Handlungen höchstpersönlichen Einschlags auf Verstandesreife abzustellen sein. Für Letztere ist lediglich "natürliche Erkenntnisfähigkeit" erforderlich. Die Kenntniserlangung, als Innewerden von Tatsachen per se passiv, das Gegenteil aktiver Erklärung oder Tathandlung, steht als höchst individueller intellektueller Vorgang dem Realakt (wie etwa dem Schatzfund) näher als einer rechtsgeschäftlich gezielten Erklärung, sodass man es beim Erfordernis natürlicher Erkenntnisfähigkeit wird belassen können. Die Verstandesreife muss dann auch Messlatte für den Fahrlässigkeitsmaßstab sein; man wird einem Minderjährigen etwa Einschätzungsfehler nachsehen müssen, die einem Erwachsenen zur Annahme grober Fahrlässigkeit gereichten. Hatte der Minderjährige bei Entstehung des Anspruchs diese Erkenntnisfähigkeit, so beginnt mE die Verjährung mit Eintritt der Volljährigkeit zu laufen.