Der soeben erläuterte Reformvorschlag setzt bei den gesetzlichen Teilungsregeln und einer Erweiterung richterlicher Befugnisse an. Nach dem Konzept des BGB liegt die Erbauseinandersetzung aber primär in den Händen der Miterben und gerade nicht in denen des Richters: Die Miterben sind an der Sache "am nächsten dran" und aufgrund ihrer Kenntnisse des individuellen Falls am ehesten in der Lage, eine sachgerechte Lösung für diese spezielle Erbauseinandersetzung zu finden. An dieser gesetzlichen Leitlinie ist auch anzusetzen, wenn über Verbesserungen nachgedacht wird.
Auch die bereits angesprochene französische Erbrechtsreform war darauf ausgerichtet, die einvernehmliche Auseinandersetzung durch die Miterben zu stärken. Die Gerichte sollten zukünftig seltener eingeschaltet werden müssen und im Übrigen auf eine gütliche Einigung hinwirken. Die genannten Art. 826–834 C.c. (wertmäßige Teilung, keine Zerschlagung wirtschaftlicher Einheiten, Wertausgleichszahlungen, vorzugsweise Zuweisung, Losverfahren) sind in einem Unterabschnitt mit allgemeinen Vorschriften enthalten und gelten damit nicht nur für die gerichtliche, sondern auch für die einvernehmliche Teilung. Das Gesetz weist den Miterben auf diese Weise die Möglichkeit auf, die Auseinandersetzung im Wege der Verlosung nach Bildung entsprechender "Pakete" selbst, also ohne Einschaltung des Gerichts, durchzuführen. Sie können sich natürlich auch anderweitig über die Verteilung einigen.
In der Tat belegen soziologische Studien, dass die Solidarität unter Verwandten an sich recht groß ist. Das hat zur Folge, dass Erbauseinandersetzungen meistens funktionieren und die gesetzliche Regelung, die in erster Linie auf die freie Vereinbarung der Miterben setzt, in der Regel sachgerecht ist. Allerdings gibt es aus unterschiedlichen Gründen – beispielsweise zerrüttete Familienverhältnisse oder seit Langem schwelende ungelöste Konflikte, die mit dem Tod des Angehörigen erst zum Ausbruch kommen – auch Fälle, in denen die Miterben untereinander die Auseinandersetzung nicht bewältigen: Das Bild des Rechtsanwalts oder Richters, der mit Erbauseinandersetzungen befasst ist, ist sicher von diesen Fällen geprägt. Neben der rechtlich schwierigen Situation, die Erbauseinandersetzungen häufig darstellen, liegt die besondere Schwierigkeit dann darin, dass die Miterben eigentlich überhaupt nichts miteinander zu tun haben wollen und von daher gar nicht imstande sind, sachgerecht zu verhandeln. Wenn sich seit Jahrzehnten Neid und Missgunst unter Geschwistern festgesetzt haben, bringt das die Erbauseinandersetzung sicher nicht voran.
Zur Unterstützung der Miterben bei schwierigeren Erbauseinandersetzungen können heute Formen alternativer Streitbeilegung nutzbar gemacht werden, die zur Zeit des Inkrafttretens der Teilungsregeln des BGB so noch nicht bekannt waren. Dabei geht es nicht nur um Schiedsverfahren, die seit Längerem auch für Erbstreitigkeiten immer wieder propagiert werden. Mit Blick auf die neueren Erkenntnisse des Konfliktmanagements und der Verhandlungstheorie ist vor allem auch an Mediation zu denken, die zur besseren Abwicklung von Erbauseinandersetzungen eingeführt und ausgebaut werden sollte. Mediation hat sich in Deutschland bisher vor allem für familienrechtliche Streitigkeiten entwickelt und etabliert. Sie wird aber auch für erbrechtliche Streitigkeiten propagiert, und einige Mediatoren berichten, dass sie Mediation auch (und gerade!) bei schwierigen Verhältnissen für Erbauseinandersetzungen erfolgreich einsetzen und sie Mediation hier als den vorzugswürdigen Weg ansehen. Und in der Tat: Für die speziellen Schwierigkeiten, vor denen Miterben bei der Auseinandersetzung häufig und typischerweise stehen, kennt gerade die Mediation Lösungsmechanismen. Es wäre daher wünschenswert, dass Rechtsanwälte ihre Mandanten frühzeitig speziell im Hinblick auf eine entsprechende Verfahrenswahl beraten.
Zwar entwickelt sich die Mediation in Deutschland bisher nur sehr langsam, doch hängt dies sicher auch damit zusammen, dass das deutsche Gerichtssystem vergleichsweise gut funktioniert. In Ländern, in denen das nicht so ist, ist der Drang zu alternativen Formen der Streitentscheidung verständlicherweise sehr viel größer. So werden in Australien Streitigkeiten nur selten von Richtern entschieden und stattdessen von den Parteien durch Verhandlungen beigelegt: Aufgrund der beträchtlichen Prozesskosten ist das Prozessieren sehr teuer und bisweilen für Normalbürger sogar unerschwinglich. In Bereichen, in denen das deutsche Recht keine zufriedenstellende Lösung bereitstellt, bietet sich ein Ausbau der Mediation aber geradezu an: Das gilt beispielsweise gerade im Hinblick auf die erbrechtlichen Teilungsregeln, die zu einer Zerschlagung von Werten führen, womit niemandem gedient ist, außer dass sie es überhaupt ermöglichen, zu einer Beendigung der Erbengemeinschaft zu gelangen.