Der Erbe ist bei der Bestellung des Nachlasspflegers namentlich nicht bekannt. Er ist aber dem Tod des Erblassers, also im Moment des Erbfalls selbst, vorhanden. Man weiß aber in diesem Moment und möglicherweise auch Jahre danach noch nicht, wo er ist und wer er ist. Die Aufgabe des Nachlasspflegers ist es gerade, neben seiner ihm zugewiesenen Aufgabe des Schutzes der Hinterlassenschaft des Erblassers, dem Nachlass die verfügungsberechtigte Person, also den Erben, zuzuführen. Gelingt ihm das, hat er den Erben identifiziert, ist seine Aufgabe erfüllt. Der Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter des Erben und sein Erfüllungsgehilfe gemäß § 278 BGB. Die Nachlasspflegschaft ist keine Vermögenspflegschaft, sondern eine reine Personalpflegschaft. Auch wenn der Nachlasspfleger aufgrund der ihm durch das Nachlassgericht zugewiesenen Position der gesetzliche Vertreter des (unbekannten) Erben geworden ist, verdrängt seine ihm auf diese Weise zugewiesene Vertretungsmacht – ebenso wie jede rechtsgeschäftliche Vollmacht des Vollmachtgebers gegenüber dem rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten – nicht die rechtliche Handlungsbefugnis des Erben selbst. Theoretisch ist der Erbe, der kraft Universalsukzession Herr des Nachlasses im Moment des Todes des Erblassers wird, zu keiner Sekunde durch die Anordnung der Nachlasspflegschaft in seiner Handlungs- und Verfügungsbefugnis über die ihm zugefallene Erbschaft beschränkt worden. Er unterscheidet sich in diesem zentralen Punkt von dem Erben, der mit einer Testamentsvollstreckung konfrontiert ist. Der Testamentsvollstrecker schließt den Erben gemäß § 2211 Absatz 1 BGB von der Herrschaft über das Erbe aus. Er verdrängt, als Träger eines eigenen Amtes, den Erben in seiner rechtlichen Verfügungsgewalt; der Nachlasspfleger als gesetzlicher Vertreter des Erben hingegen verdrängt den Erben nicht, er tritt ihm nur an die Seite, denn der Vollmacht des – gesetzlichen wie des gewillkürten – Stellvertreters kann aus rechtssystematischen Gründen zu keinem Zeitpunkt eine verdrängende Wirkung beigemessen werden. Dass der Nachlasspfleger im einen oder anderen Fall auch einmal gezwungen ist, gegen den späteren Erben vorzugehen und diesen zum Beispiel dazu aufzufordern hat, Nachlassgegenstände herauszugeben, spricht nicht gegen seine Stellung als gesetzlicher Vertreter des Erben, denn zum Zeitpunkt eines solchen Vorgehens ist die Erbenposition des später auch als Erben festgestellten Erbprätendenten noch nicht zweifelsfrei festgestellt.