Dieser Befund führt indes nun seinerseits zu nachfolgender Problematik.
Die richterliche Wirksamkeitskontrolle eines Ehevertrags orientiert sich ausschließlich an den Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
Während sich aber Regelungen über den nachehelichen Unterhalt in Eheverträgen stets auf den Scheidungsfall beziehen und nur dann ihre rechtliche Wirkung entfalten können, mithin also eindeutig vorhersehbar ist, in welcher Situation sie auf welche Weise wirken werden, sieht dies beim Verzicht auf das Pflichtteilsrecht zwischen Ehegatten anders aus. Zwar bezieht sich dieser grundsätzlich auf die Auflösung der Ehe durch den Tod eines der Ehegatten. Aufgrund seiner unterhaltsrechtlichen Fernwirkung kann er jedoch auch bei Beendigung der Ehe durch Scheidung rechtliche Wirkung nach sich ziehen, wenn der zu nachehelichem Unterhalt verpflichtete Ehegatte nach der Scheidung vorverstirbt. Anders als beim ehevertraglichen Ausschluss nachehelicher Unterhaltsansprüche ist damit bei der Vereinbarung über den Pflichtteilsverzicht zum Abschlusszeitpunkt noch nicht eindeutig vorhersehbar, bei Vorliegen welches Eheauflösungsgrundes die Verzichtswirkungen nach rechtlicher Geltung erlangen werden. Sie sind zudem sehr unterschiedlich. Führt der Pflichtteilsverzicht bei Lösung der Ehe durch Tod dazu, dass dem Ehegatten kein Pflichtteilsrecht zusteht, entfaltet er bei Lösung der Ehe durch Scheidung allein insofern rechtliche Wirkung, als er einen möglichen Anspruch auf (fortgesetzten) nachehelichen Unterhalt ausschließt. Der innere Grund für die auf der unterhaltsrechtlichen Fernwirkung basierende Sittenwidrigkeit kommt aber nur in dieser letzten Konstellation zum Tragen. Endet daher die Ehe durch den Tod eines der Ehegatten, so zeitigt die über die unterhaltsrechtliche Fernwirkung begründete Nichtigkeit des Verzichts rechtliche Wirkungen, obwohl in dieser Situation gar keine (fortgesetzten) nachehelichen Unterhaltsansprüche bestehen können, die durch die Nichtigkeit des Verzichts auf den Pflichtteil zu schützen wären. Damit aber kann das bereits von Bergschneider als solches bezeichnete Paradoxon entstehen, dass wegen eines Verzichts auf einen mangels Scheidung niemals aktuellen (fortgesetzten) Unterhaltsanspruch letztlich ein Pflichtteilsrecht zugesprochen wird. Ein solches Ergebnis der Wirksamkeitskontrolle lässt nun wiederum die Privatautonomie der Parteien in den Fokus rücken. Denn hier bewirkte die Sittenwidrigkeit des Verzichts auf ein bestimmtes Recht nicht etwa das Wiederaufleben allein der gesetzlichen Regelung, deren Ausschluss für sittenwidrig erachtet wird (§§ 1586 b iVm §§ 1570 ff BGB), sondern führte auch an anderer Stelle bezüglich eines gänzlich anderen Lebenssachverhalts zu der Geltung einer gesetzlichen Regelung (§ 2303 Abs. 1 und 2 BGB), über deren Abbedingung sich die Parteien möglicherweise in nicht zu beanstandender Weise geeinigt hatten.