Einführung
Die Anpassung vorläufig ermittelter Modellwerte an die Marktlage erweise sich regelmäßig als "Schwachstelle der Wertermittlungsverfahren". Solange sich "das Marktverhalten (bzw. damit einhergehend das menschliche Verhalten)" nicht in exakt definierbare Formeln mit genau bestimmbaren Größen fassen lasse, sei die exakte Marktanpassung nicht möglich. Denn die Abreden aus dem Erbbaurechtsvertrag (nebst Änderungen) müssten berücksichtigt werden. Dass in dem Beitrag nicht näher spezifizierte und belegte Wertermittlungssoftware "durch komplexe Formeln und zahlreiche Nachkommastellen die Möglichkeit exakter Marktanpassungen suggeriert", stehe dem nicht entgegen.
Dem ist zuzustimmen. Auf welche Weise der Verkehrswert eines Erbbaurechts und dessen Werteinfluss auf das mit ihm belastete Grundstück bestimmt werden muss, siehe z.B. die entsprechende systematische Darstellung im Fachschrifttum zur Verkehrswertbestimmung bei Zimmermann.
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Für die außersteuerliche Bewertung von Erbbaurechten weist der Fachautor Albert M. Weitz auf "Knackpunkte der Bewertung" hin, die in Zusammenhang mit der finanzmathematischen Methode als Standardverfahren der Bewertung von Erbbaurechten "gemäß Ziffer 4.3.2.2 WertR 06 (Erbbaurecht) bzw. 4.3.3.2 WertR 06 (Erbbaugrundstück)" auftreten. Er vertritt dazu die These, dass für den Teilmarkt der Erbbaurechte "als Knackpunkt kaum belastbares Datenmaterial für die Wertschätzung" zur Verfügung steht.
I. Der vorhandene Bedarf an einer grundsätzlichen Klarstellung
In den neuen Bundesländern und im Bundesland Berlin hat die praktische Bedeutung des Erbbaurechts erheblich zugenommen. Denn das am 1.10.1994 in Kraft getretene Sachenrechtsänderungsgesetz (SachenRÄndG) führte zur Überleitung der besonderen Rechtsverhältnisse an Grundstücken in den neuen Bundesländern die sogenannte Vertragslösung ein.
Zu bereinigen waren Rechtsverhältnisse an Grundstücken im Gebiet der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), die seit der militärischen Kapitulation des als Staat untergegangenen Deutschen Reichs am 9.5.1945 in Berlin-Karlshorst von der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) in Berlin-Karlshorst befohlen worden waren. Sie entsprachen zumindest in den wesentlichen Grundzügen dem Rechtssystem, das seit der kommunistischen Oktoberrevolution von 1917 unter Lenin in der Stadt Sankt Petersburg im untergegangenen russischen Zarenreich in dem (damals) neuen russischen Nachfolgestaat Sowjet-Union (Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken – UdSSR) nach und nach entstanden war.
Diese Befehle der SMAD wurden von der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bei ihrer Gründung als neuer Staat am 7.10.1949 als Teil ihres eigenen Rechtssystems übernommen. Sie dienten anschließend in der ehemaligen DDR als Vorbild für die Entwicklung von deren eigenem kodifizierten Rechtssystem bis zur Wiedervereinigung Deutschlands am 3.10.1990.
Nach den Regelungen des Einigungsvertrages (EV) hatte das auf die beschriebene Weise entstandene sozialistische Rechtssystem der ehemaligen DDR einstweilen weiterbestanden. Dabei war die Bestellung von Erbbaurechten neben dem Ankauf betroffener Grundstücke eine der Lösungsmöglichkeiten.
Der nach dem SachenRÄndG zu schützende Grundstücksnutzer konnte nach § 32 S. 1 SachenRBerG vom Grundstückseigentümer die Annahme eines Angebots auf Bestellung eines Erbbaurechts verlangen. In diesem Zusammenhang wurden Sonderregelungen für diese so zu bestellenden Erbbaurechte eingeführt sowie auch Änderungen an der früheren Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO) vorgenommen.
Die Zahl der betroffenen Grundstücke in den neuen Bundesländern kann nur geschätzt werden. Es gibt kein zuverlässiges statistisches Material der ehemaligen DDR über verliehene Nutzungsrechte sowie zu Fällen der Überbauung fremder Grundstücke ohne solche verliehenen Nutzungsrechte. Erhebungen aus den vorhandenen Grundbuchbeständen führen ebenfalls zu keinem Ergebnis. Die Grundbücher in der ehemaligen DDR sind unvollständig und weisen belastende Drittrechte in der Regel auch dann nicht aus, wenn sie nach dem einschlägigen Grundbuch- und Grundbuchverfahrensrecht der ehemaligen DDR an sich in das Grundbuch hätten eingetragen werden müssen.
Nach Schätzungen aus dem Bereich des Bundesministers der Justiz (BMJ) waren bis zu 300.000 Eigenheime, etwa 90.000 Wirtschaftsgebäude sowie rund 400.000 Wohnungen betroffen, die im komplexen Wohnungsbau errichtet wurden. Grundlage dieser Schätzungen waren die Statistik der ehemaligen DDR über Neubauten und Angaben des Bundesministers für Landwirtschaft und Forsten (BML) zur Zahl von Anträgen bei den Flurneuordnungsbehörden auf Zusammenführung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum nach § 64 Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG). Dort lagen bis Mitte 1992 über 100.000 solche Anträge für Eigenheime und mehr als 70.000 Anträge für LPG-Wi...