1. Neue Eingangsnorm: § 1814 BGB

Die bisherige Eingangsnorm des § 1896 BGB aF wird nach der neuen Zählung zu § 1814 BGB nF. Betont wird, dass eine Unfähigkeit zur Erledigung der Angelegenheiten im "rechtlichen" Sinne vorliegen müsse. Dies ist ein weiterer Versuch, den überzogenen Erwartungen an Betreuer an die Regelung des gesamten Lebens eines Betreuten entgegenzutreten, welche auch durch die misslungene Bezeichnung "Betreuer" gefördert wurden.

Die Feststellung, dass gegen den freien Willen eines Betroffenen keine Betreuung eingerichtet werden darf, wird von § 1896 Abs. 1a BGB aF zu § 1814 Abs. 2 BGB nF verlagert. Mit dem dortigen, neuen Absatz 5 soll für 17-Jährige eine Betreuungseinrichtung ermöglicht werden, wenn deren Erforderlichkeit absehbar ist. So kommt es nicht mehr zu Vertretungslücken bei schon in jungen Jahren und dauerhaft unterstützungsbedürftigen Menschen.

2. Erforderlichkeit

Die Erforderlichkeit entfällt wie bisher bei einer ausreichenden Vorsorgebevollmächtigung (dazu IX.) und der Verfügbarkeit von anderen Hilfen. Letztere werden nun im Sinne des Versuches der Kosteneinsparung besonders betont. Tatsächlich wären viele Betreuungen entbehrlich, wenn insbesondere die Sozialbehörden umfassend beraten würden, weil ein großer Teil der Arbeit von Betreuern in der Beantragung von Sozialleistungen besteht. Ob dies bei der Komplexität der Vorgänge sowie der oft eher auf Leistungsabwehr ausgerichteten sowie personell unzureichend ausgestatten Behörden gelingen wird, erscheint sehr fraglich.

Beim Vorrang der Bevollmächtigung werden die Worte "ebenso gut" klarstellend durch "gleichermaßen" ersetzt, da ein Berufsbetreuer bei wörtlicher Auslegung der alten Formulierung aufgrund seiner Qualifikation und Übung einem Ehrenamtlichen in den meisten rechtlichen Bereichen überlegen ist.

3. Aufgabenkreise

Die Notwendigkeit der Erforderlichkeit der Betreuung und ihre Begrenzung auf einzelne Aufgabenkreise wird noch einmal deutlich betont. Indem gem. § 1815 Abs. 1 S. 2 BGB nF jeder Aufgabenkreis einzeln genannt werden muss, soll Betreuungen "für alle Aufgabenkreise" ein Riegel vorgeschoben werden. Die ausdrücklich anzuordnenden Aufgabenkreise sind gem. § 1815 Abs. 2 BGB nF weitgehend die bisherigen, wie zur Freiheitsentziehung und zu Post- und Telekommunikationsangelegenheiten. Verfahrensrechtlich soll nach § 279 Abs. 2 S. 2 FamFG nF der Bericht der Betreuungsbehörde vor dem ärztlichen Gutachten erstellt werden, um die tatsächliche vor der gesundheitsbedingten Erforderlichkeit zu prüfen und den Sachverhalt für den Arzt besser aufzubereiten.[9]

Bemerkenswert ist, dass die Befugnisse zur Bestimmung des Umganges des Betreuten und seines gewöhnlichen Aufenthaltes im Ausland als Aufgabenkreise ausdrücklich zugewiesen werden müssen, § 1815 Abs. 2 Nr. 3 und 4 BGB nF. Dies sind sinnvolle Vorkehrungen zur Erschwerung des Missbrauchs der Vertretungsmacht. Im Extremfall kann durch einen Umzug ins Ausland sogar das Erbstatut und damit die Vermögensnachfolge geändert werden. Für Vollmachten wird es keine entsprechende Regelung geben. Es empfiehlt sich, insofern bei der Gestaltung eine Einschränkung der Rechte des Bevollmächtigten zu erwägen.

[9] BtDruck 19/24445, 332.

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