1. Fehlende Motivation des Unternehmensnachfolgers
Losgelöst von den eben aufgezeigten und noch aufzuzeigenden rechtlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Anordnung von Bedingungen in Unternehmertestamenten sollte nicht verkannt werden, dass die mit Bedingungen verbundene Rechtsunsicherheit zu einer fehlenden Motivation des Unternehmensnachfolgers führen kann. Denn wer nicht sicher ist, eine Zuwendung behalten zu können, wird hierfür möglicherweise keine Fürsorge aufbringen und nicht hinreichend investieren. Motivation und Investitionsbereitschaft sind jedoch wesentliche Merkmale und Eigenschaften eines erfolgreichen Unternehmers.
2. Konstruktive Vor- und Nacherbschaft
Es wurde bereits aufgezeigt, dass Vor- und Nacherbschaft eintreten kann, wenn der Erblasser einen Erben nur bis zu einem bestimmten Ereignis oder Zeitpunkt oder ab einem solchen, d.h. unter einer auflösenden oder aufschiebenden Bedingung, eingesetzt hat.
Grundsätzlich führt die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft zu meist komplexen Beziehungen zwischen dem Vor- und Nacherben. Im Nachfolgenden soll aufgezeigt werden, was dies im unternehmerischen Bereich, insbesondere bei Beteiligungen des Erblassers an Gesellschaften, bedeutet.
Ist der Vorerbe Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, kann er grundsätzlich alle Gesellschafterrechte ohne Mitwirkung des Nacherben ausüben. Es besteht jedoch die im Unternehmensbereich nicht zu unterschätzende Gefahr, dass der Vorerbe für nicht ordnungsgemäße Verwaltung nach Eintritt des Nacherbfalls dem Nacherben gegenüber schadensersatzpflichtig ist, § 2130 BGB.
Die Verfügungsbeschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB betrifft den Vorerben bei Verfügungen der Gesellschaft nicht. Nach herrschender Meinung findet § 2113 Abs. 1 BGB auch dann keine Anwendung, wenn über zum Gesellschaftsvermögen gehörende Grundstücke verfügt wird, da diese Gegenstände nicht unmittelbar zum Nachlass gehören. Anders ist dies hingegen beim Vorerben, der ein einzelkaufmännisches Unternehmen fortführt.
Zu berücksichtigen ist auch, dass vermeintlich unschädliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages unbemerkt eine unwirksame Verfügung im Sinne des § 2113 Abs. 2 BGB darstellen können, sofern es sich um unentgeltliche Änderungen handelt, die die Rechte des Nacherben beeinträchtigen. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn die Änderung des Gesellschaftsvertrages alle Gesellschafter gleichmäßig betrifft oder nachvollziehbare betriebswirtschaftliche Gründe die Änderung erfordern.
Bei der Vereinbarung von Abfindungsbeträgen oder bei der Mitwirkung an Umwandlungsbeschlüssen durch den Vorerben muss stets in besonderer Weise geprüft werden, ob der Vorerbe durch derartige Handlungen Rechte preisgibt und dadurch den Nacherben beeinträchtigt.
Schwierigkeiten bestehen bei der Beantwortung der Frage, in welchem Umfang dem Vorerben als Nutzungen im Sinne des § 2111 Abs. 1 BGB Unternehmensgewinne zustehen. Dem Vorerben stehen jedenfalls die aufgrund ordnungsgemäßer Bilanzierung ermittelten und nach dem Gesellschaftsvertrag entnahmefähigen Gewinne zu. Thesaurierte Gewinne stehen hingegen dem Nacherben zu. Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass der Vorerbe zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Nacherben stets besonders sorgfältig prüfen muss, ob der Gewinn nach kaufmännischen Grundsätzen ermittelt wurde.
Schließlich darf der Vorerbe keine Entnahmen tätigen, wenn die Gesellschaft Verluste erleidet.
Letztlich ist in der Praxis bei der Vor- und Nacherbschaft im Unternehmensbereich stets ein gesellschaftsrechtliches Konfliktpotenzial zu beobachten, welches sich zwangsläufig aufgrund der zeitlich gestaffelten Einsetzung verschiedener Erben ergibt. Denn gerade im gesellschaftsrechtlichen Bereich geben die gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen zulasten des Vorerben immer wieder Anlass zu Streitigkeiten. Durch eine Befreiung des Vorerben nach § 2136 BGB kann zum Teil Abhilfe geschaffen werden. Eine solche wird im Falle einer konstruktiven Vor- und Nacherbschaft, also einer Vor- und Nacherbschaft, die gerade nicht bewusst angeordnet wurde, jedoch kaum vorzufinden sein. Nur bei ausdrücklicher Anordnung von Vor- und Nacherbschaft kann der Unternehmererblasser demnach etwa erforderliche Korrekturen im Verhältnis zwischen dem Vor- und Nacherben vornehmen. Dabei sollte dem Erblasser auch bei ausdrücklicher Anordnung von Vor- und Nacherbschaft aufgrund selbiger Schwierigkeiten angeraten werden, den Zeitraum der Vor- und Nacherbfolge möglichst kurz zu bemessen.