1. Gesetzgebung
Der Bundestag hat in der Nacht vom 10.6.2021 auf den 11.6.2021 das "Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt", welches als Legal Tech-Gesetz bezeichnet wird, mit kleineren Abänderungen verabschiedet. Das Gesetz hat am 25.6.2021 den Bundesrat passiert und wird damit am 1.10.2021 in Kraft treten. Ziel des Gesetzes soll sein, Rechtsanwälten zu gestatten, in größerem Umfang als bislang Erfolgshonorare vereinbaren und Verfahrenskosten übernehmen zu können, um ein kohärentes Regulierungssystem für Rechtsdienstleistungen anwaltlicher und nichtanwaltlicher Anbieter zu schaffen. Konkret bedeutet dies, dass Rechtsanwälten nun die Vereinbarung eines Erfolgshonorars bis zu einem Gegenstandswert von 2.000 EUR erlaubt. Bei außergerichtlichen Inkassodienstleistungen sowie im gerichtlichen Mahn- und Vollstreckungsverfahren gilt die Wertgrenze nicht, in diesen Fällen soll dem Rechtsanwalt sogar eine Prozessfinanzierung gestattet sein. Grundsätzlich unzulässig ist ein Erfolgshonorar, soweit sich der Auftrag auf eine Forderung bezieht, die der Pfändung nicht unterworfen ist. Unberührt bleibt die auch bislang schon bestehende Möglichkeit, mit dem Auftraggeber ein Erfolgshonorar zu vereinbaren, wenn er im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne eine solche Vereinbarung von der Rechtsverfolgung abgehalten werden würde. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten kommt es in diesem Zusammenhang aber nicht mehr an.
2. Rechtsprechung
Die Entwicklungen im Legal Tech sind stets im Lichte der aktuellen Rechtsprechung zu sehen. Denn die aufstrebenden digitalen Angebote erfordern ihrerseits eine rechtliche Einordnung, etwa in welcher Gesellschaftsform sie gegründet sind, welche Anforderungen an Qualitätsstandards zu stellen sind und vor allem, wie ihr Verhältnis zu der herkömmlichen Rechtsberatung zu bewerten ist.
Die Interpretation des Begriffs der Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG spielt dabei eine wichtige Rolle, wie die Ausführungen des OLG Köln zur bestätigten Rechtmäßigkeit des Angebots von Smartlaw zeigen. Das Gericht hatte in dem Angebot keine Tätigkeit "im Einzelfall" gesehen und somit eine Rechtsdienstleistung abgelehnt mit der Begründung, es basiere auf einer gänzlich automatisierten Verfahrensweise. Das Gericht trifft darüber hinaus einige richtungsweisende Aussagen zu den Befürchtungen der Klägerin, das Angebot von Wolter Klüwer:
Zitat
"Für die Verbraucher und Unternehmer, denen die Inanspruchnahme von Rechtsrat zur Formulierung von Rechtsdokumenten zum Beispiel zu teuer und/oder aufwändig ist, erweitert der Dokumentengenerator das Hilfsangebot um eine naheliegende digitale und dadurch besonders nutzerfreundlich ausgestaltbare Möglichkeit. Es bedarf schon einer konkreten Begründung, dem Verbraucher eine solche attraktive Hilfestellung bei der Erledigung der eigenen Rechtsangelegenheiten in eigener Verantwortung zu untersagen."
Da die Klägerin Revision eingelegt hat, bleibt abzuwarten, wie der BGH in der Sache entscheidet. Schließt er sich der Argumentation des OLG Köln an, können Legal-Tech-Pioniere aufatmen. Denn für vollautomatisierte Angebote wie SmartLaw gelten in der Folge nicht die Regelungen des RDG oder der BRAO. Insofern würde sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Trend abzeichnen: In der Sache Lexfox hatte der BGH im November 2019 bereits die ersten wichtigen Weichen für die Zulässigkeit von Legal-Tech-Angeboten gestellt.