II.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein höherer als der vom Landgericht zugesprochene Anspruch jedenfalls zurzeit nicht zu.
Die Klägerin hat zwar grundsätzlich einen Anspruch auf einen Pflichtteil in Höhe von 1/6 des Erbes. Der Beklagte hat bislang auch nicht bewiesen, dass der – insoweit unstreitige – Pflichtteil von zunächst 75.271,17 EUR durch eine Zuwendung um den vom Landgericht angenommenen Betrag von 46.016,27 EUR gemindert ist.
Die Klägerin ist jedoch ihrer sekundären Darlegungslast in Bezug auf die wertbildenden Faktoren der Immobilie in L … bislang nicht nachgekommen, so dass ihr Pflichtteilsanspruch nicht bezifferbar und auch nicht fällig ist. Der Klägerin können Pflichtteilsansprüche solange nicht zugesprochen werden, als Feststellungen zu der bislang nicht geklärten Frage fehlen, in welcher Höhe die Grundstücksübernahme durch die Klägerin gemäß § 2315 BGB auf den Pflichtteil anzurechnen ist (vgl. BGH ZEV 10, 190, Rn 29, juris).
Dem Beklagten steht gegen die Klägerin auch ein Zurückbehaltungsrecht wegen seines Auskunftsanspruchs gegen die Klägerin in Bezug auf die wertbildenden Faktoren der Immobilie in L. zu.
Im Einzelnen:
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten unstreitig einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/6 des Erbes.
Darauf errechnet sich – vorbehaltlich der Bewertung des notariellen Übertragungsvertrages – zunächst ein Pflichtteil in Höhe von 75.271,17 EUR (nunmehr ebenfalls unstreitig).
Aufgrund des notariellen Vertrages hat die Klägerin jedoch auf einen Teil ihres Pflichtteils nach dem Erblasser verzichtet. Nach dem Vertrag, Ziffer V., erfolgte die Übertragung der Immobilie "unentgeltlich, jedoch in Anrechnung auf Pflichtteilsansprüche" im Hinblick auf die Nachlässe der Eltern. Damit wurde vertraglich vereinbart, dass die unentgeltiche Übertragung des Grundstücks auch mit Blick auf den Pflichtteil nach dem Vater in Anrechnung gebracht werden sollte, auch wenn das Grundstück durch die Mutter und nicht durch den Vater übertragen wurde. Damit haben die Klägerin und ihre Eltern die Regelung des § 2315 BGB rechtsgeschäftlich auch in Bezug auf den Nachlass des Vaters vereinbart. Es handelt sich um einen vertraglich vereinbarten Pflichtteilsverzicht in Höhe der Anrechnung der unentgeltichen mütterlichen Zuwendung. Dies ist möglich (vgl. BeckOK BGB 2346 Rn 24 m.w.N.; Staudinger, Rn 48). Die Wirksamkeit des notariellen Vertrages im Übrigen steht außer Frage.
Anzurechnen ist jedoch nicht der Wert der gesamten Immobilie, sondern nur der Wert der unentgetlichen Zuwendung. Dies ergibt sich aus der Formulierung in dem Vertrag "unentgeltlich, jedoch in Anrechnung (…)". Unentgeltlich – jedoch in Anrechnung – ist nur das, wofür die Klägerin keine Gegenleistungsverpflichtung übernommen hat, also nicht der Gesamtwert der Immobilie, sondern nur der Gesamtwert der Immobilie abzüglich der klägerischen Gegenleistung.
Es sind daher jedenfalls die von der Klägerin gegenüber den Eltern übernommenen Zahlungsverpflichtungen in Abzug zu bringen. Maßgeblich ist die von der Klägerin zum Vertragszeitpunkt übernommene – zu kapitalisierende – Zahlungsverpflichtung.
Der insoweit anzurechnende Wert, also der Pflichtteilsverzicht, ist von dem Wert der Immobilie zum Zeitpunkt der Übernahme abzuziehen (§ 2315 Abs. 2 BGB). Dieser Wert ist aus dem Vertrag nicht ersichtlich. Ziffer VIII. des Vertrages stellt eine Einigung auf einen Wert von 90.000 DM allein für die Kosten des Vertrages dar ("VIII. Kosten"). Damit ist keine Einigung über den Wert der Immobilie verbunden. Dies ist durch die Stellung im Vertrag belegt. Angesichts des Jahreswertes der Zahlungsverpflichtung (7.200 DM) und der damaligen statistischen Lebenserwartung der 63-jährigen Mutter und des 59-jährigen Vaters (rund 22 Jahre) ist ebenfalls davon auszugehen, dass der Wert der Immobilie mehr als 90.000 DM betrug. Anderenfalls würde nur ein sehr geringer Teil für die unentgeltliche Zuwendung verbleiben (22 Jahre = Kapitalisierungsfaktor (2008) 11,197 × 7.200 DM = 80.618 DM).
Der Senat kann zurzeit nicht feststellen, welchen Wert die Immobilie zum Übernahmezeitpunkt tatsächlich hatte.
Der Beklagte wäre für den Wert der Zuwendung, als derjenige, der sich auf die Zuwendung beruft, beweisbelastet (BeckOK BGB/Müller-Engels, 58. Ed. 1.5.2021 Rn 22, BGB § 2315 Rn 22; Staudinger, BGB, § 2315 Rn 35 m.w.N.). Damit trifft ihn auch die Beweislast für die Berechnung, er muss also auch beweisen, welchen Wert die Immobilie zum Zeitpunkt der Übernahme hatte und sodann den Abzug für die von der Klägerin übernommene, abzuziehende Leistung darlegen und beweisen.
Soweit der Schuldner – hier der Beklagte – den Umfang seiner Leistungspflicht nicht kennt, ohne dass er dies zu vertreten hat, kann er jedoch nicht in Verzug geraten (OLG München, ZEV 13, 454, vgl. auch BGH ZEV 10, 190).
Der Beklagte hat bislang keine Kenntnisse über die wertbildenden Faktoren der Immobilie zum Übernahmezeitpunkt. Dies hat er auch nicht zu vertreten, da er auf die Inform...