Im Hinblick auf die Zurückbehaltungsrechte im Pflichtteilsmandat greift das OLG Oldenburg i.E. die überzeugende Argumentation des OLG München in seinem Urt. v. 21.3.2013 auf (ZEV 2013, 454). Des Weiteren enthält es einen Gestaltungshinweis für Schenkungsverträge.
1. Nur Vorempfänge durch den Erblasser reduzieren die Pflichtteilsansprüche eines Abkömmlings. Im Pflichtteilsrecht gilt der enge Erblasserbegriff, zumal der BGH auch die Berücksichtigung für die Anrechnung von Eigengeschenken nach § 2325 BGB des anderen Elternteils verneint (BGH NJW 1983, 2875). Auch das OLG Koblenz hat sich in einer Konstellation des § 2315 BGB gegen den erweiterten Erblasserbegriff ausgesprochen (OLG Koblenz ZEV 2010, 473). Dagegen können Zuwendungen des vorverstorbenen Ehegattens, die auszugleichen sind, bei einem Berliner Testament auch in dem zweiten Erbfall zu berücksichtigen sein (KG NJW 1974, 2131, 2132).
Über einen Umweg lässt sich allerdings erreichen, dass der Pflichtteilsberechtigte den Vorempfang des anderen Elternteils sich anrechnen zu lassen hat: So sieht § 2346 Abs. 2 BGB den notariellen Pflichtteilsverzicht vor. Wenn ein Abkömmling schon notariell auf seinen gesamten Pflichtteilsanspruch verzichten kann, so kann er dies auch nur auf einen Teil seines Pflichtteilsanspruchs tun. Konkret kann so die Anrechnungspflicht einer für die von einem Dritten stammende Zuwendung begründet werden (BeckOK BGB/Litzenburger § 2326 Rn 24). Auch das OLG Oldenburg erklärt es über diesen Weg für zulässig, dass in dem dortigen Fall die Pflichtteilsberechtigte sich den Vorempfang der vorverstorbenen Mutter nach dem Vater anrechnen lassen muss. Zwecks späterer Auslegungsfragen sollte dies aber eindeutig aus dem Wortlaut eines Schenkungsvertrages hervorgehen. Daran mangelte es bei dem in Rede stehenden Übergabevertrag.
Wenn allerdings auf diesem Wege die Pflichtteilsanrechnung für einen fremden Vorempfang erreicht wird, muss die Berechnungsmethode zur Pflichtteilsanrechnung auch konsequent eingehalten werden: Nach § 2315 Abs. 2 BGB wird bei der Errechnung des konkreten Pflichtteilsanspruches des betreffenden Pflichtteilsberechtigten der Wert der anrechnungspflichtigen Zuwendung dem Nachlass hinzugerechnet. Der so erhöhte Nachlasswert wird mit der Pflichtteilsquote multipliziert. Von diesem Betrag wird dann der Wert der Schenkung abgezogen. Der Rezensent hat den Eindruck, dass diese Erhöhung in dem Besprechungsurteil nicht erfolgte.
2. Nach mittlerweile h.M. bestehen auf Ebene der Auskünfte im Pflichtteilsrecht keine Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB (grundlegend: Horn, ZEV 2013, 178). Bekannterweise ergeben sich die Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben aus § 2314 Abs. 1 BGB. Dem Erben stehen neben den Pflichtteilsansprüchen Auskunftsansprüche über Vorempfänge nach § 2050 BGB aufgrund einer dem § 2316 BGB zu entnehmenden Verweisung auch auf § 2057 BGB und über Schenkungen, auch hinsichtlich der Frage der Pflichtteilsanrechnung nach § 242 BGB, zu (Burandt/Rojahn/Horn, 3. Aufl. 2019, § 2314 BGB Rn 85 ff.).
Wie das OLG Oldenburg zutreffend ausführt, besteht dagegen ein Zurückbehaltungsrecht des Erben gegen die Zahlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten (§ 273 BGB). So gerät der Erbe so lange nicht in Verzug, wie er den Umfang seiner Leistungspflicht nicht kennt. Erhaltene unentgeltliche Zuwendungen können die Pflichtteilsansprüche eines Pflichtteilsberechtigten reduzieren, sodass im Regelfall eine abschließende Auskunft des Pflichtteilsberechtigten zu von ihm vom Erblasser erhaltenen unentgeltlichen Zuwendungen erforderlich ist. Der Pflichtteilsberechtigte hat auch wie sonst zu anspruchsbegründenden Tatsachen über unentgeltliche Zuwendungen nach allgemeinen zivilprozessualen Regeln nachvollziehbar vorzutragen (OLG München ZEV 2013, 454).
In dem Besprechungsurteil besteht diese Besonderheit darin, dass die Schenkung als solches bekannt war. Unbekannt war jedoch der Wert. Nach den Urteilsgründen hätte der Pflichtteilsberechtigte die wertbildenden Faktoren mitteilen müssen. Es ist umstritten, ob zu der Auskunft nach § 2314 Abs. 1 S. 1, 3 BGB, worunter eine Liste zu verstehen ist, wertbildende Faktoren gehören oder nicht. Der Rezensent hält es für überzeugender, zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten die wertbildenden Faktoren dem Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB zuzuordnen (so auch Braun in seiner abl. Anm. zu OLG Karlsruhe MittBayNot 2015, 496, 497). Jedoch stellt sich die Frage, ob der Erbe überhaupt durch die bloßen wertbildenden Faktoren in die Lage versetzt wird, sich über den Wert des Schenkungsgegenstandes ein ausreichendes Bild zu verschaffen. Überzeugender erscheint es ein Wertermittlungsgutachten zu verlangen. Da nach dem OLG Oldenburg der Pflichtteilsberechtigte zu Recht die sekundäre Darlegungslast trägt, wird man verlangen müssen, dass er ein qualifiziertes Immobilienwertermittlungsgutachten vorlegt.
3. Was bedeutet das für die außergerichtliche Geltendmachung von Zahlungsan...