Leitsatz
Ein im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangener Kommanditanteil unterliegt auch dann der Dauertestamentsvollstreckung, wenn der Erbe bereits Gesellschafter ist.
BGH, Beschl. v. 12.3.2024 – II ZB 4/23
1 Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Gültigkeit von auf Gesellschafterversammlungen der R. Gruppe GmbH & Co. KG Anfang 2020 mit Stimmen der Beklagten gefassten Beschlüssen, mit denen der Abschluss von Geschäftsführerdienstverträgen der Betriebsuntergesellschaft der Kommanditgesellschaft mit den Beklagten genehmigt wurde. Der Kläger und die Beklagte zu 1 sind Kommanditisten der Kommanditgesellschaft. Deren weitere Kommanditistin war die während des zweiten Rechtszugs verstorbene Beklagte zu 2, die von dem Kläger beerbt worden ist. Hinsichtlich ihres Kommanditanteils hat die Erblasserin Dauertestamentsvollstreckung angeordnet, die im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft zugelassen war.
Das Berufungsgericht hat den Rechtsstreit auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 ausgesetzt, soweit sich die Klage gegen diese gerichtet hat. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Fall 2, Abs. 3 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat das Verfahren gegen die Beklagte zu 2 zu Recht gem. § 246 Abs. 1 ZPO ausgesetzt.
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Aussetzungsentscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Der antragsgemäßen Aussetzung des Rechtsstreits stehe nicht das Verbot des Insichprozesses infolge der Beerbung der Beklagten zu 2 durch den Kläger entgegen, da der Kommanditanteil der Testamentsvollstreckung unterliege. Demzufolge sei der Testamentsvollstrecker zur Aufnahme des Verfahrens berufen. Bei der Erbfolge in einen Kommanditanteil sei Testamentsvollstreckung uneingeschränkt möglich, sofern sie, wie im Streitfall, im Gesellschaftsvertrag zugelassen sei. Dies gelte auch dann, wenn der Erbe bereits Gesellschafter sei. Zwar sei die Beteiligung eines Gesellschafters an einer Personengesellschaft notwendig eine einheitliche. Von diesem Grundsatz müsse bei Testamentsvollstreckung allerdings aus praktischen Bedürfnissen eine Ausnahme gemacht werden.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht die Beerbung der Beklagten zu 2 durch den Kläger und der Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft der Aussetzung nicht entgegen. Ein im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangener Kommanditanteil unterliegt auch dann der Dauertestamentsvollstreckung, wenn der Erbe bereits Gesellschafter ist.
a) Die gesellschaftsvertraglich zugelassene Anordnung der Testamentsvollstreckung durch die Erblasserin verhindert die uneingeschränkte Vereinigung des Kommanditanteils der Beklagten zu 2 mit dem des Klägers (vgl. BGH, Urt. v. 14.5.1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48, 57; BGH, Beschl. v. 10.1.1996 – IV ZB 21/94, NJW 1996, 1284, 1285 f.).
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Testamentsvollstreckung sich auf einen Kommanditanteil beziehen kann. Das entspricht, sofern die übrigen Gesellschafter einverstanden sind oder, wie hier, der Gesellschaftsvertrag es vorsieht, der Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschl. v. 3.7.1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187, 191 ff.; BGH, Beschl. v. 14.2.2012 – II ZB 15/11, ZIP 2012, 623, Rn 14, 18).
bb) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 3.7.1989 (II ZB 1/89, BGHZ 108, 187, 199) offengelassen, wie sich die Anordnung von Dauertestamentsvollstreckung auswirkt, wenn der Erbe bereits vor dem Erbfall Gesellschafter war und ob insoweit an einer früheren Entscheidung (BGH, Urt. v. 11.4.1957 – II’ZR 182/55, BGHZ 24, 106, 113) festzuhalten ist, wonach die damit zwangsläufig verbundene Aufspaltung des einheitlichen Gesellschaftsanteils aus Rechtsgründen nicht möglich sei. Auf die zeitlich nachfolgende Anfrage des IV. Zivilsenats hat der Senat mitgeteilt, dass auch nach seiner Rechtsprechung eine Testamentsvollstreckung bezüglich des ererbten Anteils an einer Personengesellschaft nicht schlechthin ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 10.1.1996 – IV ZB 21/94, NJW 1996, 1284, 1286).
Mit der h.M. im Schrifttum (etwa BeckOK-HGB/Beyer, Stand 1.1.2024, § 177 Rn 6; Ebenroth/Boujong/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 177 Rn 21; Ebenroth/Boujong/von Selle, HGB, 5. Aufl., § 177 Rn 21; Henssler/Strohn/Gummert, GesR, 5. Aufl., § 177 HGB Rn 9; Kindler, in: Koller/Kindler/Drüen, HGB, 10. Aufl., § 177 Rn 7; Plückelmann, in: Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 3. Aufl., § 177 HGB Rn 14; MüKo-BGB/Zimmermann, 9. Aufl., § 2205 Rn 44; MüKo-HGB/K. Schmidt/Grüneberg, 5. Aufl., § 177 Rn 24; Oetker/Oetker, HGB, 8. Aufl., § 177 Rn 18; Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Mock/ Wöstmann, HGB, 6. Aufl., § 177 Rn 12; Staub/Thiessen, HGB, 5. Aufl., § 177 Rn 29; Pauli, in: Bengel/Reimann/Holtz/Röhl, HdB der Testamentsvollstreckung, 8. Aufl., § 5 Rn 210b; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl., §...