Leitsatz
Werden in einer öffentlichen Verfügung von Todes wegen namentlich nicht bezeichnete Kinder als Erben bestimmt, kann das Grundbuchamt gem. § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO die Vorlage eines Erbscheins (oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses) verlangen. Geburtsurkunden i.V.m. einer Versicherung an Eides statt, es seien keine weiteren Kinder geboren worden, genügen für den Nachweis der Erbfolge nicht.
KG (1. Zivilsenat), Beschl. v. 9.7.2024 – 1 W 27/24
1 Gründe
I.
Eingetragener Eigentümer war der 1980 verstorbene A. Mit notariellem Testament von 1978 (Bl. 52 ff. d.A.) setzte er seine namentlich bezeichneten Kinder B und C als befreite Vorerben zu je ½ ein und ordnete für die Teilung an, B solle das im Beschlusseingang genannte Grundstück erhalten. Weiter heißt es,
Zitat
"Erben – und zwar sowohl Ersatz- als auch Nacherben – nach meinen Kindern sollen auf das, was diese jeweils aus meinem Nachlass erhalten, deren jeweilige Kinder je zu gleichen Teilen sein".
B wurde nach entsprechender Auflassung (Bl. 26 ff. d.A.) in Abt.’I gebucht. Aufgrund notarieller Verhandlung von 2000 (Bl. 66’ff. d.A.) übertrug sie schenkungshalber je einen Bruchteil von 30/100 auf die als ihre Kinder bezeichneten (zwei) Beteiligten und behielt sich insoweit einen lebenslangen Nießbrauch vor.
Die Beteiligte zu 1) hat beantragt, die Beteiligten hinsichtlich des 40/100 Anteils der 2022 verstorbenen B in ungeteilter Erbengemeinschaft einzutragen. Mit der angefochtenen Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt hierfür die Vorlage eines Erbscheins verlangt, der die Beteiligten als Nacherben des A ausweist. Voraussetzung für einen solchen Erbschein sei wiederum ein Erbschein, der die Beteiligten als alleinige Erben der B ausweise, was der Beteiligten zu 1) bereits durch das Nachlassgericht mitgeteilt worden sei.
Die Beteiligten haben Beschwerde gegen die Zwischenverfügung eingelegt. Die Beteiligte zu 1) ist der Ansicht, das notarielle Testament des A genüge in Verbindung mit Geburtsurkunden der Beteiligten für den Nachweis der Erbfolge. Der Beteiligte zu 2) hat beantragt, die Zwischenverfügung dahin zu ergänzen, dass der Nachweis auch durch beglaubigte Kopien der Geburtsurkunden der Beteiligten sowie deren Versicherung an Eides statt geführt werden könne, die einzigen Nachfahren der B zu sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten (insb. Bl. 23/1 bis 23/52) verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO), jedoch nicht begründet. Die Zwischenverfügung ist gem. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO veranlasst.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein das Verlangen, einen Erbschein nach A vorzulegen. Der – unzutreffende – Hinweis, die Beteiligten könnten den Erbschein nach A nur beantragen, wenn sie im Erbscheinsverfahren ihre Stellung als Erben der B nachwiesen, greift nur einen Hinweis des Nachlassgerichts auf und statuiert kein Erfordernis für die beantragte Grundbuchberichtigung.
Das Grundbuchamt kann gem. § 35 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Hs. 2 GBO für den Nachweis der geltend gemachten Erbfolge einen Erbschein (oder alternativ ein Europäisches Nachlasszeugnis) nach A verlangen. Der 40/100 Anteil der B ist nicht gem. § 1922 Abs. 1 BGB auf ihre Erben übergegangen, sondern gem. §§ 2111 Abs. 1 S. 1, 2139 BGB auf die von A bestimmten Nacherben. Diese Erbfolge ist durch das notarielle Testament von 1978 nicht hinreichend nachgewiesen.
Dem Testament ist nicht zu entnehmen, wer die Kinder der B sind. Mit Geburtsurkunden der Beteiligten ist nur zu beweisen, dass diese von B abstammen (§§ 54 Abs. 1 S. 1, 55 Abs. 2, 59 PStG), nicht jedoch, dass keine weiteren Kinder vorhanden sind oder waren (§ 2069 BGB).
Eine eidesstattliche Versicherung der Beteiligten, sie seien die einzigen Kinder der B, genügt zum Nachweis dieser negativen Tatsache im Grundbuchverfahren nicht (a.A. Demharter, GBO, 33. Aufl., § 35 Rn 41 m.w.N.; vgl. auch Senat NJW-RR 2012, 847, 846) – auch wenn das Nachlassgericht eine solche eidesstattliche Versicherung ohne weitere Ermittlungen der Erbscheinserteilung zugrunde legen würde. Denn im Gegensatz zum Nachlassgericht (§ 352 Abs. 3 S. 3 FamFG) ist das Grundbuchamt für den vorliegenden Fall nicht befugt, eine eidesstattliche Versicherung abzunehmen (vgl. BGH MDR 2022, 509, Rn 32). Die eidesstattliche Versicherung bietet nur dann eine höhere Richtigkeitsgewähr, wenn sie gem. §§ 156, 161 StGB strafbewehrt ist (BGH, a.a.O.). Das ist für die nur richterrechtlich zugelassene eidesstattliche Versicherung im Grundbuchverfahren nicht der Fall (Art. 103 Abs. 2 GG). Eine Erklärung der Beteiligten in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO, sie seien die einzigen Kinder der B, bewiese nur, dass sie diese Erklärung abgegeben haben, nicht deren inhaltliche Richtigkeit.
Der Nachweis, dass keine weiteren Kinder vorhanden sind oder waren, ist nicht nur dann zu erbringen, wenn konkrete Anhaltspunkte für das Gegenteil bestehen (vgl. BGH DNotZ 2022, 703 zur Scheidungsklausel). § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB läuft durch ein allgemeines Nachweiserfordernis bei der Erbeinse...