Einige europäische Nachbarländer haben in den vergangenen Jahren bereits entsprechende Gesetze erlassen, in denen die Anforderungen an eine verbindliche Patientenverfügung normiert wurden. Neben dem französischen "Code de la santé publique" und dem "Mental Capacity Act 2005" (England und Wales) gilt das österreichische Patientenverfügungsgesetz (PatVG), in Kraft getreten am 1. Juni 2006, als jüngstes Beispiel für die Umsetzung einer gesetzlichen Normierung zur Regelung der Voraussetzungen und der Wirksamkeit einer Patientenverfügung.
Die Messlatte für die Anforderungen an die Wirksamkeit einer entsprechenden Verfügung hat der österreichische Gesetzgeber dabei bewusst hoch gelegt. Schließlich soll mit der Normierung nicht nur dem Patientenwillen Rechnung getragen werden, sondern auch dafür Sorge getragen werden, dass die Behandlung bestimmter Erkrankungen nicht ohne eine vorhergehende intensive Auseinandersetzung mit den damit verbundenen Konsequenzen abgelehnt werden kann.
Die Voraussetzungen einer verbindlichen Patientenverfügung regeln die §§ 3 – 7 PatVG. Danach muss der höchstpersönlich zu errichtenden Verfügung (§ 3 PatVG) eine umfassende ärztliche Aufklärung über mögliche Anwendungssituationen und Wesen sowie Folgen der Patientenverfügung für die medizinische Behandlung vorhergehen (§ 5 PatVG). Notwendig ist insbesondere eine detaillierte Beschreibung der medizinischen Behandlungen und Eingriffe, die vom Patienten abgelehnt werden. Der konsultierte Arzt ist dabei gehalten, die erfolgte Aufklärung wie auch das Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit durch Angabe des eigenen Namens und seiner Anschrift sowie durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren. Auch die Gründe, weswegen der Patient die Konsequenzen der Patientenverfügung zutreffend einschätzt, sind darzulegen. Nach § 6 PatV ist die Erklärung nur dann verbindlich, wenn sie schriftlich vor einem Rechtsanwalt, einem Notar, einem rechtskundigen Mitarbeiter der Patientenvertretungen oder einem Vertreter der Patientenanwaltschaft niedergelegt, vom Errichtenden eigenhändig unterschrieben und dieser über die Folgen und die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs ordnungsgemäß belehrt worden ist. Die Patientenverfügung behält längstens 5 Jahre ihre Bindungswirkung, es sei denn, der Errichtende hat eine kürzere Bindungsdauer festgelegt (§ 7 PatVG). Von der 5-jährigen Höchstbindungsdauer ist dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Patient infolge des Verlusts der Einsichts-, Urteils- oder Äußerungsfähigkeit die Verfügung nicht erneuern kann.
Wie eingangs erwähnt, sind die Anforderungen an eine wirksame und insofern verbindliche Patientenverfügung hoch. Mangelt es an einer oder mehreren Errichtungsvoraussetzungen, behält die Verfügung allerdings trotzdem Aussagekraft (§ 8 PatVG). Der österreichische Gesetzgeber sieht die Verfügung dann immer noch als beachtliche Orientierungshilfe für die behandelnden Ärzte an, und zwar umso mehr, je mehr Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 9 PatVG). Entscheidend kommt es bei dieser Konstellation auf die besonderen Umstände des Einzelfalles an, also beispielsweise darauf, wie kompatibel ärztliche Aufklärung und tatsächliche Erkrankung sind, inwieweit Formvorschriften verletzt wurden oder ob die aktuelle Krankheit vom Patienten in seiner Verfügung konkret benannt wurde.
Seit dem 1. Juli 2007 (Inkrafttreten des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes) ist im österreichischen Recht übrigens auch die Vorsorgevollmacht als vorrangiges Rechtsinstitut gegenüber einer "Sachwalterschaft" gesetzlich normiert worden. Die Regelungen finden sich in den § 284 f, § 284 g und § 284 h ABGB.
Nach Ansicht der Autorinnen ist das österreichische Muster eine gute Vorlage für eine gesetzliche Verankerung der Patientenverfügung in Deutschland. Die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer solchen Verfügung werden vom österreichischen Gesetzgeber klar vorgegeben. Dies liegt sowohl im Interesse des Betroffenen als auch in dem beteiligter Dritter (medizinisches Personal und Behörden).
Demgegenüber halten die Autorinnen den Entwurf des Bundestagsabgeordneten Stünker für zu weit gehend. Zwar ist es richtig und erforderlich, das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zu wahren. Die Initiatoren übersehen hier jedoch, dass ohne Reichweitenbegrenzung auch dem Missbrauch einer Patientenverfügung Tür und Tor geöffnet wird. Die Regelung eines so intimen und heiklen Themas wie "Sterben und Tod" verlangt und erfordert die Verankerung von gesetzlichen Schutzmechanismen. Schließlich darf die Beachtung des Selbstbestimmungsrechts nicht zu einer (wenn auch gut gemeinten) Überbetonung dieses Rechts führen, die aber eben auch zur Konsequenz haben kann, dass ein Leben vorschnell und letztlich eben doch nicht im Sinne des Betroffenen beendet wird.
Unabhängig von der Meinung der Autorinnen ist unter Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag und des deutschen Gesetzgebungsverfahrens nicht zu erwarten, dass der Vorschlag der Gruppe um de...