Einführung
Die Durchführung einer medizinischen Maßnahme erfordert bei einem entscheidungsfähigen Patienten grundsätzlich dessen Einwilligung. Ein entscheidungsunfähiger Patient kann diese Einwilligung nicht mehr erteilen. Die Rechtsprechung behilft sich daher in diesem Fall mit der Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens und der Bestellung eines Betreuers, der dann dem Willen des Betroffenen Ausdruck zu verleihen hat. Die Bestellung eines Betreuers entfällt nur in den Fällen, in denen der Betroffene zuvor eine Person seines Vertrauens zum Bevollmächtigten ernannt hat (Vorsorgevollmacht). In der Praxis wird daneben immer häufiger auf das Mittel einer Patientenverfügung zurückgegriffen. Mit Hilfe einer Patientenverfügung kann der Betroffene nämlich zuvor festlegen, wie mit ihm in bestimmten Situationen, in denen er nicht mehr in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen, verfahren werden soll. Die Schwierigkeit ergibt sich insbesondere aus der möglichen Diskrepanz zwischen mutmaßlichem Willen und Rechtsverbindlichkeit eines abweichenden tatsächlichen Patientenwillens.
I. Einleitung
Bedauerlicherweise ist das Rechtsinstitut der Patientenverfügung trotz der grundlegenden Entscheidung des XII. Zivilsenats des BGH vom 17. März 2003, in der die Verbindlichkeit des in einer Patientenverfügung geäußerten Willens bestätigt und eine Normierung als wünschenswert bezeichnet wurde, bis dato gesetzlich nicht geregelt. Dies gibt in Fachkreisen immer wieder zu Diskussionen Anlass und führt in der Praxis zu großer Rechtsunsicherheit. In den vergangenen Monaten hatten sich deshalb verschiedene fraktionsübergreifende Gruppierungen des Deutschen Bundestags (Bosbach u. a, Zöller u. a., Stünker u. a.) in Berlin um die Ausarbeitung einer gesetzlichen Regelung bemüht, von denen die Gruppe um den Abgeordneten Joachim Stünker am 6. März 2008 nun einen Entwurf als Gesetzesvorschlag in den Deutschen Bundestag eingebracht hat. Die jüngste Entwicklung gibt Anlass dazu, die einzelnen Entwürfe inhaltlich gegenüberzustellen und deren maßgebliche Zielsetzungen und Leitgedanken kritisch zu untersuchen.
II. Bemühungen und Diskussionen in der Vergangenheit
Bereits seit einigen Jahrzehnten wird eine gesetzliche Normierung des Rechtsinstituts der Patientenverfügung kontrovers diskutiert. So hatte sich der Deutsche Juristentag in den Jahren 1986 und 2000 mit dem Thema auseinandergesetzt und zuletzt 2006 (auf dem 66. Deutschen Juristentag) eine gesetzliche Regelung gefordert. Daneben befassten sich mehrere Arbeitsgruppen auf politischer, juristischer und medizinischer Ebene mit der Thematik, darunter das Bundesministerium für Gesundheit mit einem in Auftrag gegebenen Gutachten der Akademie für Ethik in der Medizin, eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der Akademie für Ethik in der Medizin, die Bioethik-Kommission des Landes Rheinland-Pfalz, eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe des Bundesjustizministeriums und der Nationale Ethikrat. Auch der Zwischenbericht der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" des Deutschen Bundestages und die Empfehlungen der Bundesärztekammer seien an dieser Stelle erwähnt.
Im November 2004 gab es bereits einen auf Initiative des Bundesministeriums der Justiz (3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz) in den Bundestag eingebrachten Entwurf, der allerdings im Februar 2005 wieder zurückgezogen wurde.
III. Die Entwürfe im Vergleich – Synopse
Entwurf eines Gesetzes zur Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht (Patientenverfügungsgesetz – PatVerfG) der Abgeordneten Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke vom 28.3.2007 |
Entwurf eines Gesetzes zur Klarstellung der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen (Patientenverfügungsverbindlichkeitsgesetz – PVVG) der Abgeordneten Zöller und Dr. Faust vom 5.6.2007 |
Entwurf eines Entwurfs eines 3. Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts der Abgeordneten Stünker, Kauch, Jochimsen, Montag u. a. vom 6.3.2008 |
§ 1901 b BGB (Patientenverfügung) |
§ 1901 b BGB (Patientenverfügung) |
§ 1901 b BGB (Patientenverfügung) |
(1) Wünsche zur Behandlung und Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte oder bestimmbare medizinische Maßnahmen, die eine einwilligungsfähige Person in schriftlicher Form geäußert hat (Patientenverfügung), gelten nach Verlust der Einwilligungsfähigkeit fort. Der Betreuer hat ihnen Ausdruck und ... |