Interessanter sind die Ausführungen des OLG, weshalb die Insolvenzentscheidung des BGH nicht übertragbar sein soll. Der IX. Zivilsenat sei bei der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen nach den §§ 134, 143 InsO zum Ergebnis gelangt, dass dann, wenn der Schuldner für eine von ihm abgeschlossene Lebensversicherung einem Dritten ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt hat, sich nach Eintritt des Versicherungsfalls der Anfechtungsanspruch gegen den Dritten auf Auszahlung der vom Versicherer geschuldeten Versicherungssumme und nicht auf Rückgewähr der vom Schuldner geleisteten Prämien richte. Diese mehr wirtschaftliche als rechtliche Wertung, dass auch bei einem Vertrag zugunsten Dritter, wenn es sich im Valutaverhältnis um eine unentgeltliche Leistung handele, mittelbare Zuwendungen anfechtungsrechtlich so zu betrachten seien, als ob der Dritte unmittelbar vom Schuldner erworben hätte, sei nicht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch zu übertragen. Die Insolvenzanfechtung diene durch die damit erreichte Anreicherung der Masse der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger, wogegen die §§ 2325 ff BGB keine Sondervorteile Einzelner zu verhindern suchten.
a) Anfechtungsgesetz
1. Einwand: Die Entscheidung des BGH wird nach soweit ersichtlich einhelliger Auffassung auch im Bereich des AnfG angewendet, das auch die Sondervorteile Einzelner vehement unterstützt.
b) Rechtsfigur der mittelbaren Schenkung auch im Schenkungs- und Ergänzungsrecht
2. Einwand: Richtig ist, dass der BGH sich in seiner Insolvenzentscheidung auf die Rechtsfigur der mittelbaren Zuwendung stützt. Dies wird soweit ersichtlich im insolvenzrechtlichen Schrifttum sowohl der InsO als auch des AnfG übernommen.
Dass diese Sichtweise auch im Schenkungsrecht überzeugend vertreten wird, wurde bereits unter II.1. ausgeführt.
Dem folgend wird nun auch im Pflichtteilsergänzungsrecht von J. Mayer zu Recht die Übernahme der schenkungsrechtlichen Grundsätze befürwortet. Was im Rahmen des § 516 BGB gilt, muss konsequenterweise auch bei § 2325 BGB Anwendung finden. Im Pflichtteilsergänzungsrecht sind nämlich auch mittelbare Schenkungen relevant und der Berechnung zugrunde zu legen. Die gegenteilige Auffassung von Ahrens, wonach mittelbare Zuwendungen per se für die Pflichtteilsergänzung nicht bedeutsam sein könnten, sondern nur die vermögensunmittelbaren Aufwendungen für deren Erwerb, überzeugt nicht. Er schlussfolgert sein Ergebnis (auch) daraus, dass im Pflichtteilsrecht keine surrogationsrechtlichen Regelungen aufgenommen worden seien, sodass eine solche Zurechnung unterbleiben müsse. ME spielt die erbrechtliche Surrogation im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle, sondern der Schenkungsgegenstand iSd §§ 516, 2325 BGB ist zutreffend zu definieren.
Geht man wie beispielsweise Elfring (s. o. II.2.) davon aus, dass der Bezugsberechtigte den Anspruch auf die Versicherungssumme vom Erblasser derivativ geschenkt bekommt, so stellt sich dieses Problem erst gar nicht.
Und schließlich wird die Notwendigkeit des "Umwegs" über den Versicherer etwa von Dörner bezweifelt, der auf die unmittelbare Zuwendung zwischen Erblasser und Bezugsberechtigtem verweist.
c) Vergleichbarkeit von Insolvenzanfechtung und Pflichtteilsergänzung
3. Einwand: So "völlig unterschiedlich", wie Blum im Gefolge und Geist des OLG-Urteils annimmt, ist die gesetzliche Intention des Insolvenzanfechtungs- und des Pflichtteilsergänzungsrechts gar nicht. In beiden Fällen geht es darum, dass eine Masse...