§ 2057a Absatz 1 Satz 2 BGB nF erstreckt die Ausgleichungspflicht wie bereits die Vorgängerregelung nur auf die Abkömmlinge und, anders als es die Bundesregierung ursprünglich plante, nicht auf alle gesetzlichen Erben. Auch der Bundesrat konnte sich nicht mit seiner Forderung durchsetzen, Menschen, die "aufgrund letztwilliger Verfügung erben" in die Ausgleichung einzubeziehen. Ebenso erfolgte keine "Schaffung eines gesetzlichen Vermächtnisses" für einen Menschen, der den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat, und somit eine von der Erbfolge unabhängige Lösung.
Es verkennt der Gesetzgeber bei seiner Neuregelung, dass es keinen sachlichen Grund gibt, zwischen Abkömmlingen und sonstigen gesetzlichen Erben bei der Honorierung von Pflegeleistungen zu differenzieren. Zwar verfolgen die geltenden §§ 2050 ff BGB beim Erbausgleich das Ziel, sämtliche Abkömmlinge gleichzustellen, da die in diesen Bestimmungen genannten Zuwendungen in der Regel typische Zuwendungen oder Leistungen zwischen Kindern und Eltern darstellen, was an der Ausstattung gemäß § 2050 Absatz 1 BGB oder der Mitarbeit eines Abkömmlings im Haushalt, Beruf oder Geschäft eines Erblassers gemäß § 2057a Absatz 1 Satz 1 BGB deutlich wird. Auf Leistungen im Rahmen einer Pflege ist dieses Ausgleichungskonzept zwischen Kindern und Eltern aber nicht ohne Weiteres übertragbar. Sicher übernehmen vielfach Kinder eine Pflege. Gleichzeitig ist aber zu beachten, dass immer mehr Menschen keine Kinder haben. Vermutlich bleiben etwa ein Drittel der Frauen und Männer eines Jahrganges ihr ganzes Leben ohne Kinder. Sofern in derartigen Fällen bei gegebener Pflegebedürftigkeit andere gesetzliche Erben die Pflege übernehmen, existiert wohl kein Grund, entsprechende Pflegeleistungen etwa unter Geschwistern nicht zu berücksichtigen und zu honorieren. Auch erfasst § 2057a Absatz 1 Satz 2 BGB nF keine Frauen, die neben der Pflege des Ehemannes der Erziehung und Betreuung von Kindern sowie einer Führung des Haushalts nachgehen. Es erscheint nach dem Eintritt des Pflegefalls nicht lebensnah, auf die Möglichkeit einer entsprechenden Verfügung von Todes wegen zugunsten des genannten Personenkreises zu verweisen, da der Errichtung einer solchen Verfügung bei Pflegebedürftigkeit praktische Hindernisse entgegenstehen können, wenn der Erblasser aus gesundheitlichen Gründen zur Testamentserrichtung außerstande war. Dass § 2057a Absatz 1 Satz 2 BGB nF keine Honorierung von Pflegeleistungen bei gesetzlicher Erbfolge vorsieht, ist insofern problematisch, als sich letztlich jede Pflegeperson, die kein Abkömmling ist, im Klaren darüber sein muss, keine gesicherte Rechtsposition über eine Ausgleichung ihrer Leistungen zu besitzen. Damit kann die Bereitschaft zur Übernahme von Pflegeleistungen zurückgedrängt werden. Es entfaltet § 2057a Absatz 1 Satz 2 BGB nF möglicherweise eine kontraproduktive Wirkung.
Nicht erfasst werden von § 2057 a Absatz 1 Satz 2 BGB nF zudem die Pflege durch Freunde, Nachbarn, Schwiegerkinder, Schwiegereltern oder nicht eingetragene Lebenspartner. Dieser Personenkreis übernimmt ebenso immer wieder Pflegeleistungen, da bei der Suche nach einer Person mit Pflegemöglichkeiten häufig stärker auf die örtliche Nähe der Pflegeperson, ihre zeitliche Verfügbarkeit und Geeignetheit zur Übernahme pflegerischer Aufgaben abgestellt wird als auf die verwandtschaftliche Nähe zu dem pflegebedürftigen Menschen. Zu denken ist, was die Übergehung von Pflegepersonen betrifft, exemplarisch an Fälle, wo der Erblasser im Haushalt seines Sohnes aufgenommen und dort gepflegt wurde. Die Pflege des Erblassers führte aber nicht der Sohn selbst, sondern ausschließlich seine Ehefrau durch. Möglichweise könnten die Gerichte in derartigen Fallkonstellationen die Familie noch als Einheit betrachten und die Pflege dem Sohn zurechnen, wodurch eine Honorierung der Pflegeleistung erfolgen könnte. Eine derartige Lösung versagt aber, wenn der Erblasser nach dem Tod des Sohnes von dessen Frau aufgenommen und gepflegt wird. Es erhält eine Frau in der genannten Fallkonstellation grundsätzlich keine Honorierung ihrer Pflegeleistung. Damit wird ein großer Teil von Pflegepersonen übergangen.
Für eine Berücksichtigung aller Personen, die einen Menschen pflegen, spricht, dass es zahlreiche Menschen gibt, die andere Personen freiwillig pflegen. Es würde eine gesetzliche Vermächtnislösung für Pflegende vermutlich alle Fallgestaltungen erfassen, bei denen Pflegeleistungen erfolgten. Erbrechtlich honoriert würden unentgeltliche Pflegeleistungen dann nicht nur bei einer Auseinandersetzung unter Abkömmlingen, sondern bei jeder Pflegeperson unabhängig von der erbrechtlichen Stellung. Durchgreifende Bedenken gegen ein gesetzliches Vermächtnis für jede Pflegeperson bestehen aber vor dem Hintergrund der Testierfreiheit. So überlässt Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz zwar dem Gesetzgeber, Inhalt und Schranken des Erbrechts zu bestimmen. Nach der Ansicht des Bundesverfassun...