Es gibt in Wissenschaft und Praxis keine Gegenstimmen grundsätzlicher Art zu einer Honorierung von Pflegeleistungen nach einem Erbfall des Gepflegten. So herrscht ohne weitere Diskussionen ein Konsens dahin gehend, dass Pflegeleistungen nach dem Tod des gepflegten Menschen honoriert werden sollen. Im Folgenden wird jedoch zunächst erörtert, ob tatsächlich überhaupt ein Handlungsbedarf für den Gesetzgeber zur Honorierung von Pflegeleistungen besteht oder eine entsprechende Honorierung über bestehende gesetzgeberische Instrumentarien erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, ob durch eine Berücksichtigung von Pflegeleistungen möglicherweise eine unsachgemäße Instrumentalisierung des Erbrechts erfolgt.
Es lagen der Schaffung von § 2057a Absatz 1 Satz 2 BGB, der die Ausgleichung von Pflegeleistungen nach einem Erbfall regelt, ursprünglich keine sozialpolitischen Motive zugrunde. Vielmehr wurde die Bestimmung 1969/70 eingeführt, um das Erbrecht nichtehelicher Kinder einzuschränken und einer uneingeschränkten erbrechtlichen Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder entgegenzutreten. So ging der Gesetzgeber davon aus, dass vor allem in bäuerlichen oder kleingewerblichen Verhältnissen eheliche Kinder häufig – ohne dafür einen Lohn zu enthalten – Leistungen zugunsten des Vaters erbrachten, die zu einer Vermehrung oder Erhaltung dessen Vermögens führten oder den Erblasser unter Verzicht auf berufliches Einkommen über einen längeren Zeitraum hinweg pflegten. Die Erbringung entsprechender Leistungen durch nichteheliche Abkömmlinge des Vaters erfolgte hingegen eher selten, weil diese im Gegensatz zu den ehelichen Kindern häufig nicht in der Familiengemeinschaft aufwuchsen. Vor diesem Hintergrund betrachtete der Gesetzgeber eine wertmäßig gleiche Teilhabe der nichtehelichen Kinder am Nachlass des Vaters als unverhältnismäßig hoch und führte eine Ausgleichungspflicht gemäß § 2057a Absatz 1 BGB ein.
Diese aufgezeigte Bedeutung der Norm hat sich aber in den letzten 40 Jahren verschoben. Gewandelte gesellschaftliche Verhältnisse wie eine Auflockerung von Familienstrukturen und die Harmonisierung der Lebensverhältnisse ehelicher und nichtehelicher Kinder führten dazu, dass die Bedeutung der Bestimmung mittlerweile auf einer sozialen und finanziellen Anerkennung individueller Leistungen liegt. Gegen eine solche Anerkennung von Leistungen durch das BGB könnte angeführt werden, dass eine Honorierung von Pflegeleistungen nicht in das BGB passe und über das Sozialrecht zu erfolgen habe. Allerdings gibt es keinen Grundsatz, dass es im BGB keine Vorschriften mit sozialrechtlichen Bezügen geben darf. Vielmehr muss sich auch das BGB an gesellschaftliche Herausforderungen anpassen, die sich aus einer vermehrten Anzahl von Pflegebedürftigen ergeben. So ist es auch Aufgabe des Privatrechts, sozialgestaltend zu wirken, weshalb der Gesetzgeber im Privatrechtsverkehr durch die Bestimmung sozialer Standards aktiv eingreifen muss.
Tatsächlich dient die Honorierung von Pflegeleistungen mit erbrechtlichen Instrumentarien einer sozialen Ausgewogenheit des Zivilrechts. So besteht bei Pflegeleistungen ein Differenzierungsbedürfnis unter Erben, da Pflegeleistungen eine zunehmend wichtigere Rolle für die Gesellschaft spielen und Pflegenden entstehende Nachteile daher ausgeglichen werden sollten. Es entwickelte sich auch in den letzten Jahrzehnten ein gesellschaftliches Bewusstsein für den ökonomischen Wert von Pflegeleistungen und ein Bedürfnis nach einer entsprechenden materiellen Anerkennung.
Gegen ein Handeln des Gesetzgebers könnte eingewendet werden, dass derjenige, der umsonst Pflegeleistungen übernimmt, quasi selbst Schuld sei. Eine derartige Behauptung berücksichtigt aber die Konfliktlage, in der sich Menschen befinden, die andere Menschen umsonst pflegen, nicht. So liegt bei den Pflegepersonen unter Umständen ein quasi "freiwilliger" Zwang zur Übernahme der Pflegeleistung vor und dem Pflegenden ist es aus Pietätsgründen oder Rücksichtnahme auf das Nähe- oder Verwandtschaftsverhältnis nicht möglich, trotz unter Umständen bestehender eigener physischer und psychischer Krankheiten und wirtschaftlicher Beeinträchtigungen ein Entgelt für die Pflege zu verlangen. Der Pflegende kann auch nicht auf das Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI verwiesen werden, da der Pflegende insoweit keinen Anspruch gegen die Pflegeversicherung besitzt. Es ist der Gepflegte in der Verwendung des Pflegegeldes weitgehend frei, da es sich im Ergebnis um eine finanzielle Unterstützung zur Verbesserung seines Lebensstandards und eine pauschale Abgeltung des zusätzlichen Mehraufwands des Pflegebedürftigen handelt.
Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob Pflegende über zivilrechtliche Instrumentarien außerhalb des Erbrechts eine Honorierung der Pflegeleistungen erreichen können. Der Weg, über das Dienst- oder Werkvertragsrecht zu einem Ausgleich zu gelangen, wird wohl in den überwiegenden Fällen am mangelnden Vertragsschluss sch...