Prof. Dr. Werner Zimmermann
Fall 1
Die Erbengemeinschaft besteht aus drei Personen, die zu je 1/3 Erben sind. Zum Nachlass gehört ein goldenes Armband mit einem Rohgewicht von 100 Gramm, 750 fein (nach § 5 des FeingehaltsG 1888 muss der Feingehalt auf Schmucksachen aus Gold oder Silber angegeben sein), das keinen Wert als Schmuckstück hat, also nur als Altgold veräußerlich ist. Zwei Miterben wollen es an einen gewerbsmäßigen Goldankäufer versilbern, weil sie mit einem Preisrückgang rechnen, der dritte Miterbe widerspricht, weil er mit weiter stark steigenden Goldpreisen rechnet.
a) Bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gilt das Mehrheitsprinzip nicht, weil es sich um keine Verwaltungsmaßnahme handelt. Die Teilung erfolgt nach den §§ 2042 II, 752 bis 757 BGB. Eine Teilung des Armbands in Natur ist nach Sachlage nicht möglich (anders wäre es, wenn z. B. 30 goldene Krügerrand im Nachlass wären). Also erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des Armbandes nach den Vorschriften über den Pfandverkauf (§ 753 BGB). Wenn sich die drei Miterben nicht anderweitig einigen, muss der Verkauf somit nach den §§ 1234 bis 1240 BGB erfolgen, also grundsätzlich mittels Versteigerung durch einen Gerichtsvollzieher (§§ 1235, 383 III BGB). Nach § 1240 BGB dürfen aber Gold- und Silbersachen nicht unter dem Gold- oder Silberwert zugeschlagen werden. Da Altgold gekauft wird, damit es eingeschmolzen wird, zieht der gewerbliche Käufer nicht nur die Versandkosten an die Scheideanstalt und deren Untersuchungs- und Scheidekosten ab, sondern auch seinen Gewinn. Oft werden deshalb nur rund 60 % bis 80 % des Metallwerts geboten. Somit scheitert eine Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher. Die Veräußerung unter dem Metallwert wäre unrechtmäßig (§ 1243 I BGB) und das Eigentum geht idR nicht über. Bei Verkauf infolge öffentlicher Versteigerung ist allerdings der Einsteigerer durch § 1244 BGB geschützt, wenn er gutgläubig annahm, sein Gebot erreiche den Metallwert. Ob im Falle des freihändigen Verkaufs dem Käufer der gute Glaube nützt, ist umstritten.
b) Bei Gold und Silberbarren sowie goldenen Krügerrand und ähnlichen Goldmünzen, die nur als Kapitalanlage dienen und keinen Sammlerwert haben, wird man idR nach den §§ 1235 II, 1221 BGB vorgehen, da für solche Sachen ein Marktpreis vorliegt. Hier könnte eine zur öffentlichen Versteigerung berechtigte Person die Stücke zum "laufenden Preis" verkaufen; das ist der Bankenankaufspreis.
c) Können sich die Miterben nicht einigen, dass das Armband verkauft werden soll, will ein Miterbe aber die Auseinandersetzung, muss er die anderen Miterben auf Zustimmung zu einem vom Kläger nach den gesetzlichen Regeln (§§ 2042 Abs. 2; 752 BGB) aufgestellten detaillierten Teilungsplan verklagen. Das Urteil ersetzt dann, sobald es rechtskräftig ist, die Willenserklärung des widerstrebenden Miterben. Solche Klagen kommen wegen der Umständlichkeit in der Praxis nicht vor.
d) § 2042 BGB geht davon aus, dass der gesamte Nachlass auseinandergesetzt wird. Ein Miterbe oder ein Teil der Miterben können deshalb grundsätzlich keine Teilauseinandersetzung fordern (z. B. nur bezüglich des Schmucks); wohl aber können alle Miterben eine Teilauseinandersetzung vereinbaren und vollziehen. Ausnahmsweise kann ein Miterbe eine Teilauseinandersetzung gegen den Willen der anderer Miterben verlangen und gerichtlich durchsetzen, wenn besondere Gründe vorliegen und schutzwürdige Interessen anderen Miterben und Gläubiger nicht gefährdet werden. Das hilft beim goldenen Armband nicht, würde aber eingreifen, wenn eine Anzahl Krügerrand auf die Miterben aufgeteilt werden sollen. Bei goldenen 20-Mark-Stücken des Kaiserreichs ist das nur noch beschränkt möglich, weil diese Stücke teils unterschiedlichen Wert haben (das 20-Mark-Stück von Sachsen-Weimar oder Sachsen-Meinigen ist z. B. viel mehr wert als das 20-Mark-Stück von Preußen); dann ist die Lage so wie beim goldenen Armband.