Prof. Dr. Werner Zimmermann
a) Frühester Zeitpunkt der Teilung
Umstritten ist, ob das private Aufforderungsverfahren vor Teilung beendet sein muss oder zumindest beantragt worden sein muss, damit die Quotenhaftung eintritt; § 2061 BGB macht dazu keine eindeutige Aussage. Deshalb werden verschiedene Meinungen vertreten; Rechtsprechung dazu gibt es nicht.
Auch nach Teilung sei noch ein privates Aufgebot zulässig. Denn ein Nachlassgläubiger, der sich auf ein nach der Teilung des Nachlasses ergangenes Aufgebot nicht meldet, hätte sich vermutlich auch auf ein früher ergangenes Aufgebot nicht gemeldet.
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Teilung nach Einleitung des Verfahrens, aber vor Fristablauf sei unschädlich. |
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Die Teilung darf erst nach fruchtlosem Ablauf der Frist erfolgen; eine Teilung vor Ablauf der Anmeldefrist führt zur Unwirksamkeit des privaten Aufgebots und schafft keine Quotenhaftung. |
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Letzteres ist die zutreffende Auffassung. Denn § 2061 I 2 BGB stellt auf die Kenntnis des Miterben "zur Zeit der Teilung" ab. Nach dem System des BGB sollen zuerst die Nachlassgläubiger befriedigt werden (§ 2046 I 1 BGB), erst dann soll geteilt werden. Nur in der Zeit bis zur Teilung ist der Nachlass als Haftungsmasse noch "beisammen". Deshalb kann jeder Miterbe die vorzeitige Teilung verhindern (§ 2045 BGB). Alle diese Regelungen hätten wenig Sinn, wenn ein Miterbe noch Jahre nach der vollzogenen Teilung seinen Haftungsstatus durch ein privates Aufgebot verbessern könnte. Die Teilung vor Fristablauf führt also keine Umwandlung der Gesamtschuld in eine Quotenhaftung herbei. Andererseits ist es unschädlich, wenn nicht sofort nach Fristablauf geteilt wird, sondern erst einige Zeit danach; schädlich wäre es allerdings, wenn die Miterben nach Fristablauf, aber vor Teilung von Nachlassverbindlichkeiten Kenntnis erlangen würden. |
b) Aufschub der Teilung
Jeder Miterbe kann grundsätzlich jederzeit die Auseinandersetzung verlangen (§ 2042 BGB). Jedoch kann ein Miterbe, der das private Aufgebot einleitet, von den anderen Miterben verlangen, dass die Auseinandersetzung bis zum Ablauf der in § 2061 BGB bestimmten Anmeldefrist aufgeschoben wird (§ 2045 BGB); das wird durch Einrede geltend gemacht. Folge ist, dass jeder Miterbe (bis zur Teilung) die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten aus seinem Eigenvermögen verweigern kann, soweit noch keine unbeschränkte Haftung eingetreten ist (§ 2059 BGB).
c) Von § 2061 BGB erfasste Nachlassgläubiger
aa) Bei § 2061 BGB kann auch der bereits unbeschränkt haftende Miterbe das Aufgebot durchführen, weil § 2061 BGB keine derartige Einschränkung enthält. Den Antrag auf ein gerichtliches Aufgebot (§ 1970 BGB) kann dagegen nur ein Erbe stellen, der für die Nachlassverbindlichkeiten noch nicht unbeschränkt haftet (§ 455 I FamFG).
bb) Das Aufgebot des § 2061 BGB wirkt nach hM auch gegen die Gläubiger des § 1972 BGB (Gläubiger von Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen). Das soll daraus folgen, dass § 2060 BGB ohne Einschränkung von den "Nachlassgläubigern" spricht, und aus der Zweckmäßigkeit der Gleichbehandlung mit dem gerichtlichen Aufgebot in § 1960 Nr. 1 BGB.
cc) Dinglich gesicherte Gläubiger (vgl. § 1971 BGB) sind im Umfang ihrer Sicherung nicht erfasst, erleiden also insoweit keinen Rechtsverlust, wenn sie sich nicht melden.
dd) Gläubiger, von denen nur einzelne Miterben zur Zeit der Teilung Kenntnis haben, werden gegenüber dem wissenden Miterben nicht auf die Quotenhaftung abgedrängt; ihnen gegenüber haftet der Miterbe mit Kenntnis, wie wenn kein privates Aufgebot erfolgt wäre, was aus § 2061 I 2 BGB folgt. Zum Klageantrag und Urteilstenor in solchen Fällen vgl. unten 7. Kenntniserlangung nach Ablauf der Frist und nach Teilung ist allerdings unschädlich.
ee) Ist ein geschäftsunfähiger Gläubiger ohne gesetzliche Vertretung, dh ein Volljähriger ohne Betreuer (§ 1902 BGB), läuft ihm gegenüber meines Erachtens keine Frist, weil es sich um ein privates Aufgebot handelt.
ff) Durch den Aufruf nach § 2061 BGB sowie den Fristablauf allein tritt noch keine endgültig beschränkte Erbenhaftung ein, sondern nur eine Teilhaftung. Der Miterbe kann noch Insolvenzantrag stellen bzw. die Dürftigkeitseinreden nach den §§ 1990 bis 1992 BGB erheben. Lediglich der Antrag auf Nachlassverwaltung ist nach Teilung ausgeschlossen (§ 2062 BGB).
gg) Der Aufruf nach § 2061 BGB bringt weder die haftungsbeschränkende Einrede des § 1973 noch die aufschiebenden Einrede des § 2015. Ein Miterbe kann daher trotz des privaten Aufgebots ein gerichtliches Aufgebot nachschieben.