Zugleich Anmerkung zu OLG Bremen, Entscheidung vom 19. Mai 2011.
Einführung
Mit Beschluss vom 19.5.2011 äußerte sich das OLG Bremen im Rahmen einer Grundbuchbeschwerde zur Anerkennung ausländischer Erbbescheinigungen im deutschen Recht. Gegenstand der Entscheidung waren Bescheinigungen des "District Probate Registry at Brighton". Der Entscheidung ist zuzustimmen. Da die Gründe des Beschlusses sich nicht vollends mit der Problematik auseinandersetzen, sondern sich auf die Abweisung der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Rechtsansicht beschränken, gibt die Entscheidung Anlass zu weitergehenden Überlegungen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den in der Entscheidung nur rudimentär behandelten § 35 Abs. 1 S. 2 GBO.
I. "Probate" als Erbbescheinigung
Nach englischem materiellem Erbrecht geht der Nachlass mit dem Erbfall zunächst auf einen Zwischenberechtigten, den sog. personal representative, über. Dieser Nachlassabwickler wird, wenn er im Testament ernannt ist, als executor, wenn er vom Gericht bestellt wird, als administrator bezeichnet. Das englische Nachlassgericht prüft die Echtheit und Gültigkeit eines vom Erblasser hinterlassenen Testaments sowie die Einsetzung der executors. Neben der Vorlage des Testaments ist gegebenenfalls insbesondere ein Nachweis über die Auslegung des Testaments zu erbringen. Die diesbezügliche Beurkundung des Gerichts wird "probate" genannt. Es handelt sich demzufolge um eine Testamentsbestätigung. In unstreitigen Fällen erteilt das Gericht "probate in common form". Dies wird oftmals als der Erteilung eines Erbscheins vergleichbar angesehen. Die Bestätigung kann ohne bindende Zuständigkeitsverteilung bei einem probate registry beantragt werden. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang das principal registry in London und die elf district registries, insbesondere das "District Probate Registry at Brighton".
II. Anerkennung ausländischer Erbbescheinigungen nach § 108 f FamFG
Ausgangspunkt der Prüfung des OLG waren die Anerkennungsvorschriften des autonomen Rechts, vorliegend die § 108 f FamFG. Der deutsch-britische Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist vorliegend nicht anwendbar. Gemäß dem anerkennungsrechtlichen Günstigkeitsprinzip würde er das autonome Anerkennungsrecht nicht verdrängen. Auch grundsätzlich vorrangig anzuwendendes sekundäres Unionsrecht besteht derzeit noch nicht. Die vorgeschlagene Verordnung über "die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses" wird auf englische Entscheidungen aller Voraussicht nach nicht anwendbar sein. Damit bleibt es auch nach einem Inkrafttreten des Verordnungsvorschlags im Hinblick auf England bei dem dargestellten bisherigen Rechtszustand. Darüber hinaus wird unterschiedlich beurteilt, ob das anerkennungsrechtliche Günstigkeitsprinzip auch im Verhältnis von sekundärem Unionsrecht zu autonomem Recht gilt.
Von dieser Ausgangslage ausgehend führte das OLG zutreffend aus, dass ausländische Erbbescheinigungen nicht der Anerkennung gem. den § 108 f FamFG unterliegen. Dies wird bei einer differenzierten Betrachtungsweise offenkundig.
1. Gegenstand der Anerkennung
Anerkennung ausländischer Entscheidungen bedeutet aufgrundlage der herrschenden Lehre Wirkungserstreckung. Dabei ist zwar im Einzelnen umstritten, ob die Wirkungen au...