Die Anzeige- und Berichtigungspflicht umfasst nur verkürzte Steuern, für die noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Gegen den Erben laufen grundsätzlich die gegenüber dem Erblasser in Gang gesetzten Verjährungsfristen weiter. Die 10-jährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 2 AO bei einer Steuerhinterziehung des Erblassers gilt auch für den Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers gem. § 45 AO. Dies gilt auch, wenn der Erbe von der Steuerhinterziehung keine Kenntnis hatte. Zudem besteht für Steuerschulden des Erblassers eine Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 12 AO.
Die Festsetzungsfrist beträgt für die Einkommensteuer vier Jahre (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO) und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die betreffende Steuererklärung eingereicht worden ist, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr der Entstehung der Steuer folgt (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO). Die vierjährige Festsetzungsfrist verlängert sich aber im Falle der vorsätzlichen Steuerhinterziehung auf zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung auf fünf Jahre (§ 169 Abs. 2 S. 2 AO).
Der Erblasser gibt die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 am 6.8.2002 ab. Dabei gibt er seine ausländischen Kapitaleinkünfte vorsätzlich nicht an, was den Erben bei einer Überprüfung der Konten des Erblassers nach dem Erbfall im Jahr 2013 auffällt.
Da der Erblasser vorsätzlich Einkommensteuer verkürzt hat, beträgt die Festsetzungsfrist zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 S. 2 AO). Die Festsetzungsfrist beginnt am 1.1.2003 (= mit Ablauf des Kalenderjahres der Steuereinreichung 2002). Die Festsetzungsfrist endet nach Ablauf von zehn Jahren am 31.12.2012. Die Erben müssen im Jahr 2013 daher die Unvollständigkeit der Steuererklärung des Jahres 2002 nicht mehr anzeigen und berichtigen.
Zu beachten ist jedoch, dass die zehnjährige Festsetzungsfrist keine Höchstfrist ist. Hat der Erblasser die Steuererklärung erst im zweiten Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres abgegeben, dauert die Verjährungsfrist 12 Jahre. Im Höchstfall dauert die Verjährungsfrist, wenn der Erblasser gar keine Steuererklärung abgegeben hat, sogar 13 Jahre.
Wie vorheriges Bsp., nur hat der Erblasser für 2001 keine Einkommensteuererklärung abgegeben.
Die Festsetzungsfrist beginnt am 1.1.2005 (Ablauf des dritten Kalenderjahrs (2004) nach dem Jahr der Steuerentstehung 2001). Die Festsetzungsfrist endet daher erst am 31.12.2014, sodass die Erben die Unrichtigkeit noch berichtigen müssen und das Finanzamt die Steuer noch festsetzen kann.
Der Erbe, der die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes der Steuerhinterziehung durch den Erblasser nicht beurteilen kann, muss im Zweifel nur die letzten vier Jahre (der allgemeinen Festsetzungsfrist) berichtigen. Legt das Finanzamt dagegen die fünf- oder zehnjährige Festsetzungsfrist zugrunde, da es einen Hinterziehungstatbestand in der Person des Erblassers als gegeben ansieht, muss es darlegen, dass Steuern leichtfertig oder vorsätzlich hinterzogen wurden.