Unterlässt der Erbe die Anzeige gem. § 30 Abs. 1 ErbStG, stellt die Unterlassung isoliert betrachtet zwar keine Steuerordnungswidrigkeit iSd § 377 Abs. 1 AO dar, da sich Sanktionen wegen eines Verstoßes gegen die Anzeigepflicht nicht aus § 30 ErbStG ergeben. In Betracht kommt aber eine Steuerhinterziehung gem. § 370 AO oder eine leichtfertige Steuerverkürzung gem. § 378 AO, wenn durch die unterlassene Anzeige die Erbschaftsteuer nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt wird.
Ob das Unterlassen der Anzeige eine Steuerhinterziehung gem. § 370 AO darstellt, ist seit der Einführung des neuen § 30 Abs. 3 ErbStG in den Fällen fraglich, in denen im Falle der gerichtlichen Eröffnung eines Testaments der Nachlass auch Auslandsvermögen umfasst. Bislang ging man davon aus, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung in Fällen der gerichtlichen Eröffnung der letztwilligen Verfügung nicht erfüllt sei, da die Steuerverkürzung nicht durch das Unterlassen einer "eigenen" (nicht erforderlichen) Anzeige des Erben eingetreten sei, sondern durch die unterlassene Aufforderung des Finanzamtes zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung. Eine solche "eigene" Anzeigepflicht tritt nach der Erbschaftsteuerreform nunmehr aber stets bei jedem Erbfall ein, bei dem im Nachlass Auslandsvermögen, insbesondere Bankguthaben bei ausländischen Instituten, vorhanden ist. Nach der Neufassung des Gesetzes ist daher davon auszugehen, dass bei der Verletzung der Anzeigepflicht eine Steuerhinterziehung, der Versuch einer Steuerhinterziehung oder zumindest eine Steuerverkürzung gegeben ist. Denn die Anzeigepflicht des Erwerbers bei Auslandsvermögen dient dazu, das Finanzamt in die Lage zu versetzen, in Kenntnis von Gegenstand und Wert des Erwerbs zu prüfen, ob eine Steuer anfällt und eine Steuererklärung vom Erwerber anzufordern ist. Tritt die Kenntnis des Erben vom Auslandsvermögen erst nachträglich ein, muss der Erbe das Finanzamt hiervon in Kenntnis setzen, wenn die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, um nicht den Tatbestand der Steuerhinterziehung zu verwirklichen.
Erfolgt eine Abgabe der Erbschaftsteuererklärung auf Verlangen des Finanzamtes, das zwar – mangels Anzeige des Erben – keine Kenntnis vom ausländischen Vermögen hat, aber aufgrund des inländischen Vermögens zur Abgabe einer Erklärung auffordert, gilt die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung, in der das Auslandsvermögen zutreffend angegeben ist, zugleich als Anzeige gem. § 30 ErbStG und ggf. als Selbstanzeige nach §§ 371, 378 Abs. 3 AO.